Den folgenden Gastbeitrag hat die Deutsche Gesellschaft für Post- und Telekommunikationsgeschichte in ihrem Magazin „Post- und Telekommunikationsgeschichte”, Heft 2/1995, veröffentlicht. Mit freundlicher Zustimmung des Autors wird er Teil dieser Chronik.
Zum Autor:
Ministerialdirektor Dieter Kühn war bis 1995 als Vertreter des Bundesministeriums für Post und Telekommunikation an den Beratungen zur Postreform I und II intensiv beteiligt.
von Dieter Kühn
Mit der am 1. Juli 1989 in Kraft getretenen Postreform I wurde für die Deutsche Bundespost ein neuer Handlungsrahmen geschaffen. Dieser Rahmen bestand im Wesentlichen aus einer organisatorischen Komponente - d. h. der Trennung der politisch-hoheitlichen von den betrieblich-unternehmerischen Aufgaben - und einer ordnungspolitischen Komponente einer beginnenden Öffnung des Fernmeldewesens für den Wettbewerb.
Organisatorisch wurde die Deutsche Bundespost aus dem unmittelbaren Regierungsbereich herausgelöst und die unternehmerischen Aufgaben auf die 3 öffentlichen Unternehmen Postdienst, Postbank und Telekom übertragen. Damit wurde den jeweils spezifischen AufgabensteIlungen der einzelnen Teilbereiche der Deutschen Bundespost Rechnung getragen. Durch die Herauslösung aus dem unmittelbaren Regierungsbereich wurde die angestrebte Unabhängigkeit der unternehmerischen Leitung gestärkt.
Die Hoheitsaufgaben verblieben beim Bundesminister für Post und Telekommunikation. Er übernahm die Rolle des Regulierers und nahm die Rechte und Pflichten für den Eigentümer Bund wahr.
Die Postreform von 1989 stand zwar unter dem Leitmotiv „Wettbewerb ist die Regel und das Monopol des staatlichen Anbieters die zu begründende Ausnahme”. Dennoch wurden aus insbesondere infrastrukturellen Gründen im Bereich der Telekommunikation das Telefondienstmonopol und das Netzmonopol und im Bereich des Postwesens das Briefdienstmonopol aufrechterhalten. Der Wettbewerb hat sich aber seit 1990 wirkungsvoll bei den Telekommunikationsendgeräten und im Bereich des Mobilfunks entfaltet, um nur 2 Beispiele zu nennen.
Die Reform von 1989 stand zusätzlich unter dem Wegweiser eines zügigen Integrationsprozesses der verschiedenen nationalen Telekommunikationssektoren im Rahmen der Europäischen Union. Auf dem Weg zur Liberalisierung des Telekommunikationssektors hat die Bundesrepublik Deutschland in der Europäischen Union sicher einen der vorderen Plätze erreicht.
Die Postreform des Jahres 1989 war allerdings nur innerhalb eines engen rechtlichen Rahmens zu realisieren. Eine Änderung der Verfassung, d. h. des Artikels 87 GG, wurde nicht angestrebt. Die Tatsache, dass die 3 Bereiche Telekom, Postdienst und Postbank weiterhin in der Rechtsform als bundeseigene Verwaltung zu führen waren, hat sich als Engpass für die Entwicklung der Unternehmen erwiesen. Die Bindung an verwaltungsrechtliche und dienstrechtliche Grundsätze stellte sich als Hemmnis dar, das flexibles unternehmerisches Handeln verhindert.
Fast gleichzeitig mit der Umsetzung der Poststrukturreform vollzog sich ein entscheidender Prozess: die deutsche Wiedervereinigung. Dieses Ereignis hatte einschneidende Konsequenzen auch für die Unternehmen der Deutschen Bundespost, ganz besonders für die Deutsche Bundespost TELEKOM.
Vor allem im Bereich der Telekommunikation musste in den neuen Bundesländern als Voraussetzung für den wirtschaftlichen Aufschwung eine leistungsfähige Infrastruktur geschaffen werden. Die neuen Bundesländer werden künftig über eine der modernsten Telekommunikationsstrukturen der Welt verfügen können. Die dafür erforderlichen Investitionen (mehr als 60 Milliarden DM in der Zeit von 1992 bis 1998) waren und sind allerdings nur dadurch möglich, dass die Deutsche Bundespost TELEKOM ein spürbares Absinken ihrer Eigenkapitalquote auf ca. 20 Prozent in Kauf nahm. Diese Quote muss, will das Unternehmen im Wettbewerb bestehen, auf circa 40 Prozent aufgestockt werden.
Dem Bund als Eigentümer ist es wegen der angespannten Haushaltslage nicht möglich, Eigenkapital zuzuführen. Die Lösung des Problems lag also darin, durch eine private Rechtsform baldmöglichst über die Börse privates Eigenkapital hinzuzuziehen, was eine Änderung der Verfassung voraussetzt.
In den vergangenen 20 Jahren hat sich die wirtschaftliche, organisatorische und ordnungspolitische Landschaft im Telekommunikationsbereich weltweit grundlegend geändert. Durch Internationalisierung und zunehmenden Wettbewerbsdruck hat sich der Trend zu vom Staat unabhängigen und privatrechtlich organisierten Gesellschaften, insbesondere in der Telekommunikation verstärkt. In diesem Zusammenhang haben vor allem 2 Kriterien zu der Überlegung geführt, im Rahmen einer Postreform II die Neuordnung der DBP-Unternehmen zu realisieren.
Nicht nur für die DBP TELEKOM, sondern auch für die anderen beiden Unternehmen der Deutschen Bundespost POSTDIENST und POSTBANK ist die Umwandlung in Aktiengesellschaften von entscheidender Bedeutung.
Die Unternehmen Postdienst und Postbank stehen in vielen Bereichen bereits seit Langem in hartem Wettbewerb. Mittelfristig wird es im Bereich der Europäischen Union zu weiteren Marktöffnungen kommen. Die Umwandlung der öffentlichen Unternehmen der Deutschen Bundespost in eine diesen Erfordernissen gerechter werdende Rechtsform war daher geboten. Dabei lag es nahe, für die 3 Nachfolgeunternehmen eine gleiche Rechtsform zu wählen. Die Rechtsform der Aktiengesellschaft stellte sich als die insgesamt beste dar.
Für die Postbank kommt hinzu, dass eine Erweiterung der Produktpalette ohne Einschränkungen, wie z. B. im Kreditbereich, unverzichtbar ist, um dem Unternehmen im härter werdenden Wettbewerb im Bankbereich vergleichbare Ausgangspositionen zu verschaffen.
Dies ist der Postbank in ihrer gegenwärtigen Unternehmensverfassung aus Rechtsgründen nicht möglich. Eine Privatisierung wird dagegen die bestehenden Beschränkungen des Unternehmens Postbank aufheben. Es wird erwartet, dass durch erweiterte Marktchancen im Schalterverbund mit Postdienst ein wirtschaftlich tragfähiges flächendeckendes Schalternetz betrieben werden kann.
Darüber hinaus kamen die Verhandlungen zu dem Ergebnis, bestimmte Aufgaben der Unternehmen in einer besonderen Organisationseinheit wahrnehmen zu lassen. Aus übergeordneten politischen Gründen sollen diese Aufgaben, insbesondere im sozialen Bereich, in staatlicher Hand belassen bleiben. Deshalb wurde die Wahrnehmung dieser Aufgaben die Rechtsform einer Anstalt des öffentlichen Rechts gewählt.
Ziel der Postreform II war vorrangig, die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen national und international zu stärken. Mittel zur Erreichung dieses Zieles war die Umwandlung der Unternehmen in eine private Rechtsform.
Die Änderung des Artikels 87 GG führt dazu, dass die Post- und Telekommunikationsdienstleistungen künftig als privatwirtschaftliche Tätigkeiten durch die bisherigen DBP-Unternehmen und durch andere private Wettbewerber angeboten werden. Durch staatliche Maßnahmen in Form der Regulierung wird sichergestellt werden, dass diese Dienstleistungen flächendeckend angemessen und ausreichend erbracht werden.
Die Kapitalmehrheit an der künftigen Post AG bleibt für mindestens 5 Jahre beim Bund. Sie darf erst danach aufgrund eines Bundesgesetzes mit Zustimmung des Bundesrates aufgegeben werden.
Einzelne Aufgaben in Bezug auf die aus dem Sondervermögen Deutsche Bundespost hervorgegangenen Unternehmen (z. B. Sozialaufgaben, Abschluss von Manteltarifverträgen) nimmt der Bund durch eine bundesunmittelbare Anstalt des öffentlichen Rechts wahr.
Die Befristung der Geltungsdauer des Fernmeldeanlagengesetzes, des Postgesetzes und des Regulierungsgesetzes auf den 31. Dezember 1997 entspricht dem Willen des Gesetzgebers, die im Zusammenhang mit der Öffnung der Märkte der Telekommunikation und des Postwesens erforderlichen gesetzgeberischen Maßnahmen rechtzeitig vor dem 31. Dezember 1997 einzuleiten.
Damit insbesondere beim Unternehmen Deutsche Telekom AG in absehbarer Zeit eine Verbesserung der Eigenkapitalquote möglich ist, wurde diesem Unternehmen ein Börsenvortritt bis zum 31. Dezember 1999 eingeräumt. Aufgrund einer neuen Regelung in der Verfassung (Art. 143b Abs. 3 GG) werden die bei der Deutschen Bundespost tätigen Bundesbeamten unter Wahrung ihrer Rechtsstellung und der Verantwortung des Dienstherrn bei den privaten Unternehmen beschäftigt. Das bedeutet, dass das sogenannte Beleihungsmodell verfassungsrechtlich abgesichert ist.
Die bisher bei den öffentlichen Unternehmen der Deutschen Bundespost beschäftigten Beamten, Angestellten und Arbeiter werden also bei den Aktiengesellschaften weiterbeschäftigt. Zur Gewährleistung der für Wirtschaftsunternehmen auch im personellen Bereich erforderlichen Flexibilität wurden die Aktiengesellschaften mit der Ausübung der Befugnisse des Dienstherrn beliehen.
Der Weg zur Postreform II | |
1.7.1989 | Inkrafttreten des Poststrukturgesetzes (Postreform I) |
1.1.1990 | Bildung der 3 öffentlichen Unternehmen Deutsche Bundespost POSTDIENST, Deutsche Bundespost POSTBANK, Deutsche Bundespost TELEKOM Neuorganisation des Bundesministeriums für Post und Telekommunikation |
Sommer 1991 | Postminister Dr. Christian Schwarz-Schilling und MdB Arne Börnsen regen eine 2. Postreform mit der Tendenz zur Privatisierung der öffentlichen DBP-Unternehmen an. |
1991 - Frühjahr 1992 | Politische Sondierungsgespräche im Hinblick auf eine Änderung der Verfassung, um Privatisierung zu ermöglichen |
Juni 1992 | Bildung einer interfraktionellen Verhandlungskommission mit Mitgliedern aus den Fraktionen der CDU/CSU, F.D.P. und SPD |
2.12.1992 | Vorlage eines Eckpunkte-Papiers der Verhandlungskommission zur Postreform II |
Dezember 1992 | Eckpunkte-Papier wird von SPD-Seite abgelehnt |
22.1.1993 | Ernennung von Dr. Wolfgang Bötsch zum Postminister |
11.3.1993 | Wiederaufnahme der Gespräche der interfraktionellen Verhandlungskommission |
20.6.1993 | Ergebnisbericht der interfraktionellen Verhandlungskommission |
Juni 1993 | Positive Beschlussfassung der CDU/CSU und F.D.P.-Bundestagsfraktionen; SPD-Fraktion nimmt Bericht zur Kenntnis |
November 1993 | Die SPD signalisiert nach Kompromissen Zustimmung zur Einbringung eines Gesetzentwurfs zur Postreform II (Änderung des Grundgesetzes und Artikelgesetz [Postneuordnungsgesetz]) |
2. 2. 1994 | Entscheidung der Bundesregierung über Gesetzentwurf zur Postreform II |
Das Gesetz zur Neuordnung des Postwesens und der Telekommunikation sieht die Umwandlung der bislang gemäß Art. 87 Abs.1 Grundgesetz in Behördenform geführten Unternehmen der Deutschen Bundespost in Aktiengesellschaften vor. Dies setzte eine Änderung des Grundgesetzes voraus.
Artikel 1
Gesetz über die Errichtung einer Bundesanstalt für Post und Telekommunikation Deutsche Bundespost (Bundesanstalt Post-Gesetz - BAPostG)
Zur Wahrnehmung der Rechte und Pflichten der Bundesrepublik Deutschland aus den Anteilen an den Aktiengesellschaften, die aus den Teilsondervermögen der Deutschen Bundespost hervorgehen, wird die Bundesanstalt für Post und Telekommunikation Deutsche Bundespost errichtet. Die Bundesanstalt untersteht der Aufsicht der Bundesrepublik Deutschland, die durch das Bundesministerium für Post und Telekommunikation ausgeübt wird.
Neben den Aufgaben im Zusammenhang mit der Wahrnehmung der Rechte des Bundes nach dem Aktiengesetz (vgl. insbesondere § 3 Abs. 1 Bundesanstalt Post-Gesetz) obliegen der Bundesanstalt Aufgaben, die ihrer Natur nach originäre Aufgaben der aus dem Sondervermögen hervorgehenden Aktiengesellschaften sind, die aber aus übergeordneten politischen Gründen in staatlicher Hand liegen und in unmittelbarer Bundesverwaltung wahrgenommen werden sollen. Im Einzelnen:
Artikel 2
Gesetz über die Träger der gesetzlichen Sozialversicherung im Bereich der früheren Deutschen Bundespost (Postsozialversicherungsorganisationsgesetz - PostSVOrgG)
Träger der gesetzlichen Unfallversicherung für Versicherte (Tarifkräfte) im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Post und Telekommunikation war bisher der Bund. Durchgeführt wurden die Aufgaben von der Bundespost-Ausführungsbehörde für Unfallversicherung (Rehabilitation und Entschädigung) und der Zentralstelle Arbeitsschutz beim Bundesamt für Post und Telekommunikation (Prävention). Mit Errichtung der Aktiengesellschaften und der Bundesanstalt muss die Trägerschaft wie im gewerblichen Bereich auf eine bundesunmittelbare (Artikel 87 Abs. 2 GG) Körperschaft des öffentlichen Rechts mit Selbstverwaltung (§ 29 SGB IV) übergehen.
Im gewerblichen Bereich sind grundsätzlich die Berufsgenossenschaften zuständig. Da aber Prävention und Leistungsgewährung für alle Beschäftigtengruppen (Beamte, Angestellte, Arbeiter) durchgeführt werden müssen, können diese Aufgaben nicht den Berufsgenossenschaften, die ausschließlich für Versicherte zuständig sind (§ 541 RVO), zugewiesen werden, sondern es ist hierfür eine Unfallkasse, analog der Regelung für die Länder und Gemeinden (§ 655 RVO), einzurichten.
Artikel 3
Gesetz zur Umwandlung der Unternehmen der Deutschen Bundespost in die Rechtsform der Aktiengesellschaft (Postumwandlungsgesetz - PostUmwG)
Dieses Gesetz behandelt ausschließlich den formalen Errichtungsakt. Aussagen zu Infrastrukturzielen und ihrer Durchsetzung werden in diesem Gesetz nicht getroffen. Insoweit wird auf die entsprechenden Bestimmungen über die Regulierung, insbesondere im Gesetz über die Regulierung der Telekommunikation und des Postwesens, verwiesen. Die Umsetzung von Infrastrukturzielen und staatlichen Aufgaben obliegt dem Bundesministerium für Post und Telekommunikation bzw. der öffentlich-rechtlichen Bundesanstalt (Artikel 1); diese steht unter Staatsaufsicht.
Mit ihrer Errichtung wird den Aktiengesellschaften das Eigentum an den dem jeweiligen Teilsondervermögen zugeordneten Vermögensgegenständen übertragen. Im Fall der gemeinsamen Nutzung eines Vermögensgegenstandes durch mehrere Unternehmen erhält diejenige Aktiengesellschaft Eigentum, die aus dem überwiegenden Nutzer hervorgeht; dabei sind abweichende Vereinbarungen zulässig. Der Bundesanstalt, der Unfallkasse und der Museumsstiftung wird das Eigentum aus dem übergegangenen Vermögen nach Maßgabe der jeweiligen Errichtungsgesetze übertragen.
Als Anhang zu § 11 Abs. 2 Postumwandlungsgesetz sind die Satzungen der Deutschen Post AG, der Deutschen Postbank AG und der Deutschen Telekom AG enthalten.
Artikel 4
Gesetz zum Personalrecht der Beschäftigten der früheren Deutschen Bundespost (Postpersonalrechtsgesetz - PostPersRG)
Dieser Artikel enthält die dienstrechtlichen Übergangsvorschriften. Die künftigen Aktiengesellschaften werden, wie bereits ausgeführt, mit der Befugnis beliehen, die Rechte und Pflichten des Dienstherrn Bund bezüglich der bei ihnen beschäftigten Beamten wahrzunehmen. Es handelt sich hierbei um das sogenannte Beleihungsmodell, das den künftigen Aktiengesellschaften eine größtmögliche Flexibilität im personellen Bereich einräumt. Neben der Personalüberleitung regelt dieser Artikel besoldungs- und versorgungsrechtliche Fragen und die betriebliche Interessenvertretung.
Artikel 4 beinhaltet eine umfassende Regelung des Personalrechts der Beschäftigten der früheren Deutschen Bundespost.
Artikel 5
Änderung des Gesetzes über Fernmeldeanlagen
Die organisationsrechtliche Umgestaltung der bisherigen Unternehmen der Deutschen Bundespost in private Aktiengesellschaften erfordert entsprechende Folgeänderungen im Gesetz über Fernmeldeanlagen. Hierbei bleibt der mit der Postreform I aus dem Jahre 1989 geschaffene Regulierungsrahmen so weit wie möglich erhalten. Das Gesetz sieht daher vor, dass die ausschließlichen Rechte in ihrem bisherigen Umfang unverändert bleiben (§ 1 Absätze 2 und 4). Jedoch werden diese Rechte nunmehr dem Nachfolgeunternehmen der Deutschen Bundespost TELEKOM kraft Gesetzes verliehen. Dies trägt dem Umstand Rechnung, dass der Bund nicht mehr Inhaber ausschließlicher Betreiberrechte sein kann, wenn das Angebot von Telekommunikationsdienstleistungen private Tätigkeit ist.
Das Gesetz stärkt darüber hinaus gegenüber jetzigem Recht die Mitwirkungsrechte der Bundesländer. Änderungen an Inhalt und Umfang der o.a. ausschließlichen Rechte können nur unter Beteiligung eines Regulierungsrates erfolgen, der gemäß den Vorschriften des Gesetzes über die Regulierung der Telekommunikation und des Postwesens einzurichten ist (Artikel 7). Entscheidungen, bestimmte sachlich relevante Märkte für das Angebot von Telekommunikationsdienstleistungen in den Wettbewerb zu entlassen, sind durch Rechtsverordnungen mit Beteiligung des Regulierungsrates zu treffen (§ 2 Abs. 2 Nr.1). Dies gilt auch für die Behandlung der Grundsätze für das Verfahren der Verleihung (§ 2 Abs. 2 Nr. 2).
Die Befristung des Gesetzes (§ 28) trägt dem Willen des Gesetzgebers Rechnung, die für die Öffnung der Märkte der Telekommunikation erforderlichen gesetzgeberischen Maßnahmen rechtzeitig vor dem 31. Dezember 1997 einzuleiten. Dies entspricht der erwähnten Beschlusslage des Ministerrates der Europäischen Union.
Artikel 6
Änderung des Gesetzes über das Postwesen
Auch im Bereich des Postwesens bleibt der mit der Postreform von 1989 geschaffene Regulierungsrahmen - wie bei der Änderung des Gesetzes über Fernmeldeanlagen (Artikel 5) - im Gesetz weitgehend erhalten. Eine Befristung des Gesetzes bis zum 31. Dezember 1997 (§ 31) ist ebenfalls vorgesehen, um der Entwicklung der politischen Willensbildung in der Europäischen Union Rechnung tragen zu können.
Da der Bund nicht mehr Inhaber von Betreiberrechten sein kann (vgl. hierzu die Ausführungen zu Artikel 5), ist nunmehr das Errichten und Betreiben von Einrichtungen zur entgeltlichen Beförderung von schriftlichen Mitteilungen und sonstigen Nachrichten von Person zu Person - entsprechend der bisherigen Rechtslage nach § 2 Abs. 1 des Gesetzes über das Postwesen - künftig dem Nachfolgeunternehmen der Deutschen Bundespost POSTDIENST vorbehalten (Beförderungsvorbehalt). § 2 Abs. 5 des Gesetzes sieht aber vor, dass der Bundesminister für Post und Telekommunikation in diesem Bereich auch anderen natürlichen und juristischen Personen Befreiung vom Beförderungsvorbehalt gewähren kann. Die Beteiligungsrechte des Regulierungsrates bei Änderungen an Inhalt und Umfang der ausschließlichen Rechte (§ 2 Abs. 4) und bei Befreiungen vom Beförderungsvorbehalt (§ 2 Abs. 6) sind analog zur Änderung des Gesetzes über Fernmeldeanlagen (Artikel 5) geregelt.
Artikel 7
Gesetz über die Regulierung der Telekommunikation und des Postwesens - PTRegG -
Das Gesetz enthält regulierungsrechtliche Nachfolgebestimmungen zum Postverfassungsgesetz, die dem veränderten organisationsrechtlichen Status der Nachfolgeunternehmen der Deutschen Bundespost Rechnung tragen (§§ 1 bis 10).
Die §§ 11 bis 21 sehen darüber hinaus Bestimmungen vor, die die Organisation und das Verfahren der Regulierung im Einzelnen bestimmen. Als Nachfolgeorgan zum bislang im Postverfassungsgesetz vorgesehenen Infrastrukturrat bestimmt das Gesetz die Einrichtung eines Regulierungsrates, der bei wichtigen Regulierungsentscheidungen des Bundesministers für Post und Telekommunikation zu beteiligen ist (§ 13).
Darüber hinaus regeln die §§ 15 ff die Bildung von Beschlusskammern und bestimmen deren Kompetenzen im Rahmen der Aufsicht über die Märkte der Telekommunikation und des Postwesens (§ 15). Das Handeln der Beschlusskammern ist eingebettet in ein Schlichtungsverfahren, das dem verwaltungsrechtlichen Vorverfahren gemäß Verwaltungsgerichtsordnung nachgebildet ist (§ 19 ff).
Das Gesetz ist analog zu den Artikeln 5 und 6 bis zum Ablauf des 31. Dezember 1997 (§ 23) befristet.
Artikel 8
Änderung des Telegraphenwegegesetzes
Die Privatisierung der Deutschen Bundespost TELEKOM erfordert auch im Telegraphenwegegesetz Folgeänderungen, die überwiegend redaktioneller Art sind.
Artikel 9
Änderung des Gesetzes zur Vereinfachung des Planverfahrens für Fernmeldelinien
Das Gesetz zur Vereinfachung des Planverfahrens für Fernmeldelinien wird geändert und bis zum 31. Dezember 1997 befristet.
Artikel 10
Gesetz zur Sicherstellung des Postwesens und der Telekommunikation (Post- und Telekommunikationssicherstellungsgesetz - PTSG)
Sichere Nachrichtenverbindungen sind erforderlich für die Aufrechterhaltung der Staats- und Regierungsfunktionen, für eine leistungsfähige Wirtschaft und Verwaltung, für die Landesverteidigung, für die Katastrophenbewältigung sowie für die Versorgung und Information der Bevölkerung. Dies gilt besonders in Krisenzeiten oder in einem Verteidigungsfall.
Es gehört zu den Aufgaben des Staates, eine ausreichende Versorgung mit Dienstleistungen des Post- und Fernmeldewesens auch in Notsituationen zu sichern. Dieser Verpflichtung konnte der Bund nach bisherigem Recht entsprechen, da die Deutsche Bundespost in bundeseigener Verwaltung mit eigenem Verwaltungsunterbau geführt wurde. Die Unternehmen der Deutschen Bundespost konnten mit den politischen und rechtlichen Möglichkeiten des Postverfassungsgesetzes in die Aufgabe des Staates eingebunden werden.
Mit der Postreform II wurden die Unternehmen der Deutschen Bundespost in Aktiengesellschaften umgewandelt. Das bedingte neue gesetzliche Regelungen, damit in Notsituationen auch künftig eine ausreichende Versorgung mit Post- und Fernmeldedienstleistungen gesichert bleibt.
Artikel 11
Gesetz zur Errichtung einer Museumsstiftung Post und Telekommunikation - PTStiftG -
Die Weiterführung des Museumswesens der gesamten Deutschen Bundespost ist mit Ausnahme der bei der Deutschen Bundespost POSTDIENST verbliebenen Postwertzeichenarchive mit der am 1. Juli 1989 in Kraft getretenen Postreform I der Deutschen Bundespost TELEKOM übertragen worden. Eine organisatorische und rechtliche Verselbstständigung des Museumswesens ist nicht erfolgt.
Es hat sich gezeigt, dass in der bestehenden Form keine der kulturhistorischen Bedeutung dieser Aufgabe angemessene Weiterführung des Museumswesens möglich ist. Die erforderliche umfassende Neuorganisation ist mit der Errichtung der „Museumsstiftung Post und Telekommunikation” geschehen.
Gesetzentwürfe durch Postausschuss beschlossen
Der Ausschuss für Post und Telekommunikation hat die Gesetzentwürfe zur Neuordnung des Postwesens und der Telekommunikation auf Drucksachen 12/8718 und 12/7270 in ihrer geänderten Fassung und den Entschließungsantrag bei Enthaltung der Fraktion der SPD und bei einer Gegenstimme aus der Gruppe der PDS/Linke Liste sowie bei Abwesenheit der Gruppe Bündnis 90/Grünen beschlossen.
Interfraktionelle Verhandlungen
Der Einbringung des interfraktionellen Gesetzentwurfes auf Drucksache 12/6718 gingen außerordentlich schwierige Verhandlungen in der eigens hierfür im Juni 1992 konstituierten Verhandlungskommission voraus, die aus Abgeordneten der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und F.D.P. sowie Fachleuten aus dem BMPT und von den Fraktionen hinzugezogenen Mitarbeitern und Sachverständigen bestand. Diese interfraktionelle Verhandlungskommission konkretisierte im Konsens in einem Ergebnisbericht vom 20. Juni 1993 die Grundlinien für die Neuordnung des Postwesens und der Telekommunikation im Rahmen der Postreform II. Diese Grundlinien wurden in dem interfraktionellen Gesetzentwurf umgesetzt. Die SPD-Bundestagsfraktion hat am 1. Februar 1994 jedoch zu der Einbringung der Gesetzesvorlage einen Beschluss zur Postreform II gefasst, der ihr Abstimmungsverhalten in der 2. und 3. Lesung von der Erfüllung einer Reihe von Forderungen abhängig machte.Da der interfraktionelle Gesetzentwurf aufgrund der Gespräche in der Verhandlungskommission erst zu einem sehr späten Zeitpunkt vorgelegt werden konnte, standen die Beratungen des Ausschusses ebenso wie die der mitberatenden Ausschüsse unter großem zeitlichen Druck. Dieser Zeitdruck verstärkte sich während der parlamentarischen Beratungen, da eine Reihe grundsätzlicher Fragen, z.B. die Zuordnung und Tragung der Pensionslasten, für die bisher keine Rückstellungen gebildet worden waren, gelöst werden mussten. Dabei kam es zu parallelen Beratungen der interfraktionellen Verhandlungskommission und des federführenden Ausschusses. In beiden Gremien wurde jeweils versucht, Lösungen für die Probleme im Konsens zwischen den Bundestagsfraktionen der CDU/CSU, F.D.P. und SPD als Initiatoren des interfraktionellen Gesetzentwurfs zu finden.
Wichtige Einzelfragen
Mit der Verabschiedung des Gesetzentwurfes zur Postreform II durch den Deutschen Bundestag und den Bundesrat im Juni/Juli 1994 wurde der Start für eine Umwandlung der bisherigen öffentlichen Post-Unternehmen in Aktiengesellschaften und damit für die Privatisierung freigegeben.
Dieses Werk, das in vielen Beratungen der Koalition von CDU/CSU und F.D.P. und der SPD-Opposition gestaltet worden ist, ist sicher nicht frei von Kompromissen. Aber im Hinblick auf die zwingende Notwendigkeit, die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Neustrukturierung zu schaffen, sind es Kompromisse, die vertretbar sind und den Gesamterfolg der Reformbestrebungen nicht schmälern. Dass einige Artikel des Gesetzeswerkes, wie z.B. das Fernmeldeanlagengesetz und das Regulierungsgesetz, zeitlich befristet sind, zeigt, dass der Gesetzgeber die Notwendigkeit von Anpassungen gerade durch die Liberalisierungsbestrebungen im Bereich der Europäischen Union bewusst in den Raum gestellt hat.
Die bisherigen Post-Unternehmen sind Anfang Januar 1995 in Aktiengesellschaften umgewandelt worden. Damit sind die Voraussetzungen für die Privatisierung geschaffen. Die Deutsche Telekom AG will als erstes Unternehmen 1996 im Rahmen einer Kapitalerhöhung an die Börse gehen und damit eine erhebliche Verbesserung ihrer Eigenkapitalsituation erreichen, ein Vorhaben, das vom Volumen her die größte Börseneinführung in Deutschland sein wird.
Was den Bereich der Regulierung angeht, so bereitet das Bundesministerium für Post und Telekommunikation im gegenwärtigen Zeitpunkt das Nachfolgegesetz für die zum 31. Dezember 1997 auslaufenden Gesetze vor.
Nach Vorstellung und Diskussion eines Eckpunktepapiers vom 27. März 1995 wurde in diesen Tagen der Referentenentwurf eines Telekommunikationsgesetzes veröffentlicht und an die interessierten Verbände versandt. Die Ressortabstimmung soll bis Ende Oktober 1995 bewältigt werden, so dass das Bundeskabinett Anfang Dezember 1995 entscheiden kann. Die Beratungen im Parlament können dann Anfang Januar 1996 aufgenommen werden.
Die Klarheit über den künftigen Regulierungsrahmen ist auch eine entscheidende Voraussetzung für den Börsengang der Deutschen Telekom AG im Jahr 1996.
Damit schließt sich der Kreis der 1989 eingeleiteten gesetzgeberischen Vorhaben, die zum einen die Privatisierung auf dem Post- und Telekommunikationssektor ermöglichen und zum anderen die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen sicherstellen sollen.
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