Deutsche Post AG Briefzustellung in Berlin, 2006UPS AirlinesPostbank Centerfiliale Berlin-Charlottenburg, Goethestr. 2-3, 2006PIN Briefzustellung in Leipzig, 2005DHL Paketzustellung, Post in neuem DHL-Design, 1.4.2003Deutsche Telekom, Gebäudekennung, Digi Park Flughafen Köln/Bonn, 2006Vodafone Gebäude Am Seestern Düsseldorf, 2004

Post und Telekommunikation

Der Gastbeitrag

Den folgende Beitrag von Georg Leiser über die Geschichte des Verkaufsstellennetzes der Deutschen Post hat der „Bundesverband von Fach- und Führungskräften bei Post und Telekom - Deutsche Postgilde e.V.” (BFPT) in seiner Verbandszeitschrift „Spektrum” Nr. 1 und 2/2011 veröffentlicht. Mit freundlicher Genehmigung des Autors und des BFPT übernehmen wir ihn in diese Dokumentation.

Georg Leiser

Zum Autor:
Georg Leiser, Jahrgang 1943, seit 2006 im Ruhestand, war zuletzt Abteilungsleiter im damaligen Geschäftsbereich Partnermanagement der Deutschen Post AG.

Von Beginn der Spartisierung an (1995) war er im Bereich Postfilialen tätig und hat die Veränderungen am Netz aktiv begleitet, zunächst als Abteilungsleiter Vertrieb, später als Abteilungsleiter Filialbetrieb bei der Deutschen Post AG, Direktion Potsdam, nach Aufhebung der Direktionen: beim Regionalen Geschäftsbereich Filialen Ost.

In diese Zeit fielen u.a. Standortoptimierungen, Filialausbau über das Projekt IMAGE 2000, Ausweitung des Partnerbetriebs, Erwerb der McPaper AG zur Nutzung besserer Standorte für das eigene Netz (1998).

Die rasanten und laufenden Veränderungen des Filialnetzes der Deutschen Bundespost POSTDIENST/Deutsche Post AG sind selbst für eingefleischte Postler nur schwer nachzuverfolgen. Deshalb hat Georg Leiser 2011 für den BFPT in kurzweiliger Form „Eine kleine Geschichte des Verkaufsstellennetzes” zusammengestellt.

Eine kleine Geschichte des Verkaufsstellennetzes der Deutschen Post

von Georg Leiser

Am Anfang dieser Historienschilderung will ich auf den Titel eingehen: Der Begriff „Filialnetz” ist nicht mehr üblich. Stattdessen sprechen wir vom Verkaufsstellennetz. Angesichts einiger Formate, die nun wirklich nichts mehr mit einer Filiale gemein haben, ist das sicher eine folgerichtige Umbenennung. Sprechen wir also ab sofort vom Netz, das ist einfacher und spart Platz.

Vermag sich noch jemand zu erinnern, wie das Netz vor 20 Jahren aussah? Damals gab es nur eigenbetriebene Filialen, in Postämtern mit und ohne Verwaltung, daneben eine Vielzahl von Poststellen mit sehr eingeschränkten Öffnungszeiten. Oft waren diese für die Kundenbedienung nur eine Stunde am Tag geöffnet, denn der oder die Teilzeitbeschäftigte hatte ja noch die Zustellung „an der Backe”.

Postschalter 1988

Postschalter im Hauptpostamt Bonn 1988
Bundesarchiv, B 145 Bild-F079078-0027
Fotograf: o.Ang. / Lizenz CC-BY-SA 3.0

Mit der Wiedervereinigung und dem Anschluss der Deutschen Post der ehemaligen DDR an die Deutsche Bundespost wurde das Netz zu einem noch gewichtigeren Kostenproblem. In der DDR war es völlig normal, dass jedes Dorf, unabhängig von der Einwohnerzahl, neben dem volkseigenen Konsum natürlich auch eine Poststelle hatte. Folglich erbte die Deutsche Bundespost eine Unzahl kleiner, baulich zumeist völlig maroder Filialen, deren einziger Kunde oft der besagte Konsum war, der seine schmalen Tageseinnahmen dort ablieferte. Vorrangiges Ziel nach der Verschmelzung beider Postorganisationen war es, den Personalbestand der Deutschen Post der DDR an den „Standard West” anzupassen, d. h., Umsatz, Kundennachfrage, wirtschaftliches Ergebnis. Dies sollte ausschlaggebend sein für die künftige Personalstärke im VGO (= Verkehrsgebiet Ost). Und schnelle Erfolge waren naturgemäß mit dem Abschmelzen des Filialnetzes zu erzielen. Die Entrüstung betroffener Postkunden blieb nicht aus, hielt sich aber in erstaunlich überschaubaren Grenzen. Wahrscheinlich hatten die neu hinzu gewonnenen Bundesbürger zwischen Elbe und Oder in dieser Zeit des Wegbrechens der heimischen Betriebe andere Sorgen, als sich für den Erhalt ihrer Mini-Postfiliale vor Ort übermäßig zu engagieren. Wenn wir uns der zahlreichen ämterorganisatorischen Maßnahmen in den 60er Jahren westlich der Elbe und im Westteil Berlins erinnern, dann hatte die beabsichtigte Schließung eines kleinen Postamts auch in völlig überversorgten städtischen Regionen zu Proteststürmen und bösartigen Pressemeldungen geführt, dass man das Vorhaben wie eine heiße Kartoffel schnell wieder fallen ließ.

1992 wird erstmals mit Postagenturen experimentiert. Einzelhändler im ländlichen Raum werden mit Postmobiliar ausgestattet, erhalten eine Schulung, werden unter Vertrag genommen und bieten - neben Gemüsekonserven und frischen Brötchen - in ihrem Laden auch Post an. Noch heißen sie „Agenturnehmer”, später werden sie zu „Agenturpartnern”. Noch sind die Postagenturen „übern Durst” eingerichtet. Das Feld der Anwerber für Postagenturen beschränkt sich auf kleine Orte, deren eigenbetriebene Postfiliale man vor einiger Zeit geschlossen hatte. Was Wunder, dass Kundenbefragungen durchweg positive Ergebnisse zu dem aus den Niederlanden abgeguckten Agenturkonzept zu Tage förderten. Ein wesentlicher Pluspunkt war aber die längere Öffnungszeit des Partners, mit dem keine eigenbetriebene Filiale konkurrieren konnte.

Eingangsbereich Postfiliale (2009)

Eingangsbereich einer Postfiliale (Centerfiliale) 2006
Foto: Deutsche Post AG

Die „Erfolgsgeschichte Postagentur” war nun nicht mehr aufzuhalten. Zugleich wurde der Wind an der Kundenfront rauer, denn nun wurden Agenturen als Ersatz für zu schließende eigene Standorte eingerichtet. Unsere Kunden zeigten sich nun als ausgewiesene Nostalgiker. Sie wollten auf eine posteigene Anlaufstelle nicht verzichten, kannten die Beschäftigten schließlich seit Jahren persönlich, hatten sie morgens gar mit Handschlag begrüßt - und jetzt sollte der Bäckermeister Meier von gegenüber in Omas Sparbuch gucken? Das wäre ja noch schöner! Vernünftige Begründungen wie „Die Öffnungszeiten werden kundenfreundlicher” oder „Post- und Bankgeheimnis bleiben gewahrt” verhallten ungehört. Hinzu kam der Unwille des Gemeinderats, der im Wegfall der posteigenen Einrichtung eine weitere Abwertung seines Herrschaftsbereichs witterte. Man hatte sich zähneknirschend und widerwillig mit diversen Gemeindereformen abfinden müssen und eine wichtige Einrichtung nach der anderen an die ferne Kreisstadt abgegeben - und jetzt sollte auch noch die Post verschwinden! Letztlich war dieses Modell, wir wissen es, trotz Bürgerprotest und böser Briefe der Damen und Herren Bürgermeister, nicht zu stoppen.

Das Projekt verlief in den Anfängen nicht ohne Probleme, das soll hier nicht verschwiegen werden. Beim Akquirieren von Partnern war streng darauf zu achten, dass die „Einnahme Post” nicht höher war als die des Stammgeschäfts. Die Rentenversicherer witterten eine lohnende Beitragsquelle und versuchten immer wieder, aus dem Partner (der ja in den Anfängen von uns „Agenturnehmer” genannt wurde) eine Art abhängig Beschäftigten zu machen - denn damit fiele er ja unter die Versicherungspflicht. Alle Attacken dieser Art konnten letztlich abgewehrt werden. Der Partner, so unser Argument, handle als unabhängiger Einzelhandelskaufmann und sei gegenüber der Deutschen Post gleichberechtigter Vertragspartner.

Die jährliche Quote einzurichtender Agenturen stellte so manchen Niederlassungsleiter vor die schwer zu beantwortende Frage: wohin mit dem überzähligen Personal? Die Posthalterin aus Kleinsiehstenich in der Oberlausitz war als biedere Hausfrau selten motorisiert, also vom Einsatz her unflexibel. Zum anderen genügte ihre Qualifikation für das bisschen Schaltergeschäft und die anschließende Briefzustellung am Ort, aber mehr war kaum drin. Die von einigen erdachte „Patentlösung” war, die Damen in die Selbständigkeit zu entlassen, sie also zur Übernahme des jetzigen postalischen Geschäfts (unter Hinzunahme eines dünnen Schreibwaren- und Ansichtskartensortiments) zu überreden, mit ihr einen Mietvertrag auszuhandeln und sie dann als Agenturpartnerin unter Vertrag zu nehmen. Das löste zwar in der Niederlassung ein Personalproblem. Oft waren solche Konstrukte aber vom Untergang bedroht. Wer sich in die Selbstständigkeit begibt, muss letztlich einige betriebswirtschaftliche Grundregeln beherrschen, andernfalls ist das Scheitern vorprogrammiert. Jemand ohne geringste kaufmännische Kenntnisse in die Selbstständigkeit zu schubsen, war auf lange Sicht keine gute Strategie.

Das Netz sollte sich aber nicht nur im Bereich der Kleinstannahmestellen verändern. Das Konzept „open service” (1993) stellte alles auf den Kopf, was dem braven verbeamteten Kollegen am Postschalter im Laufe vieler Dienstjahre lieb und teuer geworden war. Es hieß ja, die nach PTZ-Norm verglasten Schalterplätze zugunsten einer offenen Thekenlandschaft aufzugeben. Wo bleibt denn da die Sicherheit des Personals? Zudem hatten die Beschäftigten nun ihre komplette Dienstschicht stehend zu verrichten. Entspricht denn das den ergonomischen Anforderungen an einen Arbeitsplatz? Auch hier blieb es nicht bei der bloßen Idee. Zug um Zug wurde „open service” in den großen Schalterbereichen Wirklichkeit. Der Kunde konnte jetzt dem postalischen Gegenüber in die Pupille sehen, ohne durch eine dazwischen montierte Glaswand zu schauen. Gewiss, über Einrichtungsgeschmack lässt sich noch heute füglich streiten. Zum Beispiel über die umstrittenen Lampen über den Schalterplätzen, die ein bisschen an UFOs aus den Star Wars-Filmen erinnern und nicht nur Licht, sondern auch eine fulminante Wärme verströmen, sodass den geplagten Kundenbedienern im Sommer der Schweiß nicht mehr von der Stirne weicht. Insgesamt aber war auch „open service” ein Erfolgsmodell. Die Schalterräume wurden heller, freundlicher, moderner, der Kunde konnte persönlich angesprochen werden, was auch im Sinne aktiver Verkaufsgespräche unumgänglich war. Und für die Sicherheit sorgten nun zeitgesicherte Tresore, die es ermöglichten, mit nur geringen Geldbeständen in den Kassenladen zu arbeiten.

Postfiliale 2005 openservice

Postfiliale (open service) 2005
Foto: Deutsche Post AG

Wenn wir übers Netz sprechen, darf der Begriff „Standortoptimierung” nicht unerwähnt bleiben. Die regional Verantwortlichen für die Netzgestaltung mussten auf eine Veränderung der örtlichen Strukturen eingestimmt werden. Die alten Filialen hatten einen historisch gewachsenen, aber nur in wenigen Fällen auch einen kundenorientierten Standort. In kleinen und mittelgroßen Orten hatte sich die Post traditionsgemäß immer am Bahnhof positioniert, was von der Historie her auch erklärlich ist. Wer aber Produkte aktiv verkaufen will, muss sich an Standorten positionieren, wo der Kunde seine täglichen Einkäufe macht. Fortan galt es, für die großen Filialen, für die der Begriff „Center-Filialen” ersonnen wurde, neue attraktive Flächen in gut frequentierter Innenstadtlage zu suchen. Dafür stellte das Unternehmen die entsprechenden Mittel zur Verfügung. Die Tochter Deutsche Post Immobilien GmbH suchte über ihre Mietagenten die Flächen, die Direktionen, die nach der Spartentrennung in „Regionale Geschäftsbereiche” umbenannt worden waren, trafen die Entscheidung und gaben die Mittel frei und die Deutsche Post Bauen GmbH richtete die Mietflächen her und bestellte das brave Handwerk zwecks Umsetzung.

Damit gab es eine glückliche und vertriebsorientierte Zukunft für die großen Filialen und eine Agentur-Lösung für die ganz kleinen Klitschen. Wie aber sah die Zukunft für die Filialen mittlerer Größe aus? Hier sollten wir uns an die ersten Gehversuche mit einem Tochterunternehmen erinnern, das aus dem Zeitungsdienst der DDR-Post hervorgegangen war. Dieses nannte sich „Deutsche Post Vertriebs-GmbH”. Die DPV hatte (als Erbe der DDR-Post) ein Filialnetz im Bestand, das sich vom Verkauf von Zeitungen und Zeitschriften nährte. Ein Großteil der ganz kleinen Filialen wurde frühzeitig abgestoßen. In vielen Fällen hatten die dort Beschäftigten als künftig Selbstständige den Zeitungsladen übernommen. Nur die größeren Geschäfte eigneten sich für das „PostPlus-Konzept” (1997): Das Zeitungssortiment wurde um sogenannte Convenience-Produkte (Tiefkühlkost, Konserven, dauerhaltbare Lebensmittel wie Nudeln, Fertiggerichte etc., eigentlich ein typisches Tankstellen-Zusatzsortiment) erweitert - plus postalische Leistungen. Die Convenience-Idee setzte auf die Zielgruppe der Gutverdiener jungen bis mittleren Alters mit entsprechend spätem Feierabend, die sich folglich in Geschäften mit entsprechend langen Öffnungszeiten mit den Dingen des täglichen Bedarfs eindecken müssen (und dies dann künftig in der PostPlus-Filiale, nicht mehr in der Tankstelle, tun). Das Konzept wurde zum Flop, weil zu diesem Zeitpunkt die längeren Öffnungszeiten, die für das Gelingen erforderlich gewesen wären, bei der Politik nicht durchgesetzt werden konnten. Alsbald wurde die PostPlus-Filiale in aller Stille auf dem Friedhof der gut gemeinten Einfälle beigesetzt.

Postbank Finanzcenter (2009)

Eingangsbereich eines Postbank Finanzcenter (2009)
Foto: Deutsche Post AG

Inzwischen häuften sich bei den Mini-Filialen im VGO die Überfallprobleme. Die Wiedervereinigung und der einhergehende Zerfall des einstigen Ostblocks spülte diverse kriminelle Banden aus Osteuropa ins Land, die in den Kleinstfilialen in den neuen Bundesländern ein verheißungsvolles Betätigungsfeld erkannten. Die einschaltrigen Filialen des Ostens hatten offene Bedientresen, in Einzelfällen auch dürftig verglaste Schalterplätze, die ob ihrer Fensterscheibenqualität keinen echten Überfallschutz bieten konnten. Die (meist weiblichen) Beschäftigten lebten in permanenter Angst vor Übergriffen. Schließlich waren sie allein im Schaltereinsatz. Tatsächlich gab es damals durchaus Kolleginnen, die von mehreren Überfällen betroffen waren. Besonders die Standorte in Dörfern nahe der A 10, des Berliner Ringes, galten als gefährdet, weil sich für die kriminellen Banden über die Autobahn schnelle Fluchtmöglichkeiten eröffneten. Im Interesse des Personals musste etwas geschehen, und das sehr schnell. Im Zuge der Umwandlung eigener in Partnerfilialen im VGW wurden viele nach PTZ-Norm sicherheitsverglaste Schalter ausgebaut, die nun nicht mehr benötigt wurden und in den Kellerräumen vor sich hin staubten. Es wurde nun ein Sachmitteltransfer größten Ausmaßes in Bewegung gesetzt, PTZ-Schalter über die Elbe gekarrt und schnellstmöglich in die Mini-Filialen des VGO eingebaut. Und dies, obwohl die Tage auch dieser Filialen gezählt waren und früher oder später ein Partner als Ersatz in die Bresche springen würde. Die Sicherheit des Personals war bei dieser Aktion vorrangig.

Mit dem Erfolgsmodell Postagentur lag der Gedanke nahe, dies auch in Filialen mit mehreren Schaltern auszuprobieren. Nennen wir es einfach mal „Shop-in-Shop-Filiale” (1997) (Die Namensgeber unseres Unternehmens waren immer ebenso erfindungsreich wie anglophil). Das lässt sich natürlich nur in entsprechend großen Ladenflächen umsetzen. Der Agenturpartner konnte das in seinem Krämerladen meist ohne Hilfskraft bewältigen, der Shop-in-Shop-Betreiber nicht mehr. Er braucht zusätzliches Personal. Und er hatte, falls es ein Supermarkt war, die Posttheke im Vorkassenbereich einzurichten, damit die Kunden, die nur die Post aufsuchen wollten, nicht durch den ganzen Markt wandern mussten.

Postbank Finanzcenter

Bediensituation in einem Postbank Finanzcenter (2009)
Foto: Deutsche Post AG

In einer Großaktion wurden alle zwei- bis vierschaltrigen Standorte auf Flächeneignung untersucht. Dabei fielen die Discounter gänzlich durchs Rost, denn das dürftige Outfit eines „Billigheimers” erschien der Post nicht hinreichend repräsentabel. Unter Mitwirkung einer Unternehmensberatung wurde durch Begehungen vor Ort das Beurteilen von Supermärkten hinsichtlich ihrer Rendite je Quadratmeter untersucht (Sieht der Laden sauber aus? Wirkt das Sortiment etwas angestaubt? Befinden sich zu viele Waren mit abgelaufenem Verfallsdatum in den Regalen?). Das schon bei den Agenturen bekannte Problem trat ja bei diesem Filialkonzept noch stärker zutage: Diese Partner mussten von uns mit einer erheblichen Bargeldmenge ausgestattet werden, damit sie auch die Postbankgeschäfte abwickeln konnten. Also hatten wir schon bei der Erstanwerbung ein strenges Auge auf deren Solidität zu werfen, damit das Anfangskapital, unser gutes Geld, nicht irgendwann im Nirwana der Insolvenzmasse verschwand. Soweit wir Einzelhandelsketten wie Edeka oder Metro für das neue Format gewinnen konnten, bewegte sich alles „im grünen Bereich”, aber mitunter standen die nicht zur Verfügung und alleiniger Interessent war z.B. der Betreiber eines Modegeschäfts.

Zweifellos gab es betrügerische Partner, die die Lücken des seinerzeitigen EPOS-Systems durch geschickte Buchungstricks auszunutzen vermochten. Es war auch der Schwerfälligkeit des damaligen EPOS geschuldet, dass solche Partnertricks nicht immer rechtzeitig erkannt wurden. Daneben vergriffen sich Partner an unseren Geldbeständen, weil sie die Lieferanten ihres Einzelhandelsgeschäftes nicht mehr anders zu bezahlen wussten. Da der Partner postalische Geldbestände von denen seines Kerngeschäfts nicht trennen musste, war das keine Vertragsverletzung. Es erschwerte aber dem inzwischen für das Partnermanagement eingerichteten Geschäftsbereich die Kontrolle über die wirtschaftliche Entwicklung der Partner.

Eine adäquate Lösung für die mittelgroßen Filialen war in Sicht, als die Deutsche Post 1998 die Papier- und Schreibwarenkette McPaper erwarb. McPaper brachte ein deutschlandweites Filialnetz an kundenorientierten Standorten als willkommene Mitgift ein, dessen man sich exzellent bedienen konnte. Die besten und geeignet erscheinenden Standorte, auch solche in manchem Einkaufscenter, wurden alsbald in „McPaper mit Postsortiment” umgestaltet. Später wurden diese Filialen durch Veränderung der Außenkennzeichnung und viel gelber Farbe zu reinen Postfilialen umgestrickt, sodass für den Kunden der Betreiber McPaper nicht mehr erkennbar war. - Inzwischen hatte sich die schon erwähnte DPV GmbH ein „S” im Namen zugelegt - für „Service” - und nannte sich jetzt DPSV GmbH. Die DPSV konkurrierte mit McPaper um die mittelgroßen Filialstandorte, oftmals blieb ihr aber beim Gerangel mit McPaper um Standorte nur die zweite Wahl, musste sich folglich mit den unattraktiveren Standorten abfinden. Die Umbaukosten für diese Filialen, die nach Maßgabe des open service-Konzepts einzurichten waren, wurde ebenfalls aus dem „Image 2000”-Topf bezahlt.

Die Gründe, die für das Betreiben von Postfilialen durch Tochtergesellschaften sprechen, liegen in der Entlohnung der Beschäftigten. Hier wird das Personal nur nach gängigem Einzelhandelstarif entlohnt - und der liegt erheblich unter dem des Beschäftigten mit Beamtenstatus oder dem nach TV Ang bezahlten Angestellten. Von Beginn an war der Unternehmensvorstand der Überzeugung, das Schalterpersonal der Post sei im Vergleich zum Einzelhandelstarif zu hoch bezahlt. Letztlich seien die Schalterkräfte nur Verkäufer. Wegen der verbeamteten oder nach TV Ang bezahlten Mitarbeiter (als Erbschaft aus Bundespostzeiten) ließ sich aber an der Entlohnungsstruktur nichts ändern.

Partner-Filiale

Bediensituation in einer Partner-Filiale (2010)
Foto: Deutsche Post AG

Inzwischen sind die Centerfilialen allesamt von der Postbank übernommen worden, inklusive des Personals. [Anmerkung der Redaktion: Anfang 2006 übernahm die Postbank die umsatzstärksten 850 Postfilialen, im Wesentlichen waren dies die bisherigen Centerfilialen der Deutschen Post AG. Weitere 277 Postfilialen übernahme die Deutsche Postbank zum 1. Juli 2010.] Diese, jetzt Finanzcenter genannten Standorte, sind damit aus der Filialstatistik der Deutschen Post verschwunden. Die noch von der Post selbst betriebenen Filialen wurden zu einem Teil von der Postbank übernommen, soweit es für die Bank aus vertrieblicher Sicht von Interesse war. Das Personal wechselte zur Bank, hat aber ein Rückkehrrecht zur „gelben Post”. Für den kümmerlichen Rest des Eigenbetriebs müssen bis Ende des Jahres 2010 Partner gefunden werden. McPaper ist inzwischen keine Tochter der Deutschen Post mehr: Der Restbestand der Filialkette, der sich für eine Kombination mit Post nicht eignete, ist Ende 2004 an den Vorstand des einstigen Tochterunternehmens verkauft worden und wird jetzt als reiner Papier- und Schreibwarenanbieter weiter betrieben. Die Begriffe „Postagentur” und „Shop-in-Shop” sind längst Geschichte, es gilt der Oberbegriff „Partnerfilialen”.

Wer heute - 2010 - eine gelbe Verkaufsstelle betritt, sei es eine der Post oder der Postbank, und sich an das Netz vor 1990 erinnert, wird erhebliche Wiedererkennungsprobleme bekommen. Nicht nur das Äußere hat sich verändert. Die Beschäftigten tragen modische Berufskleidung, begrüßen und verabschieden den Kunden - und behandeln ihn auch sonst wie einen solchen, nicht wie einen „Benutzer”. Das Qualitätsmanagement Filialen hat eine lange, oft qualvolle Geschichte. Führungskräfte aller Regionen haben in schlaflosen Nächten über Lösungen gegrübelt, wie die Servicequalität in ihrem Bereich endlich zum besseren gewendet werden kann. Es war ein Jahre währender mühevoller Erziehungsprozess, die Mitarbeiter davon zu überzeugen, dass praktizierte Kundenorientierung das Patentrezept für erfolgreichen Verkauf ist. Sicher, die Wartezeit in großen Filialen ist immer noch ein Problem, die auch ein „zentraler Wartepunkt” nur bedingt lösen kann. Aber die Verbesserung bei Kompetenz und Freundlichkeit blieb auch vom Kunden nicht unbemerkt.

Erinnern wir uns: Anfang der 1990er Jahre gab es deutschlandweit rund 30.000 Postfilialen, 1997 waren es noch etwa 15.000 und Ende 2005 waren nur noch fast 12.700 im Bestand verblieben. Die Post-Universaldienstleistungsverordnung (PUDLV) schreibt 12.000 als infrastrukturelle Pflichtzahl vor. Erstaunlicherweise hat sich mit der Minimierung des Netzes die Servicequalität nicht verschlechtert. Sie wurde kontinuierlich besser. Wie das? Dank der Vielzahl von Partnern können wir ein erhebliches Plus bei den Öffnungszeiten im Vergleich zu 1990 verbuchen.

Wie stellt sich das Verkaufsstellennetz heute - Ende 2010 - dar?

Es gibt die Postbank Finanzcenter (frühere Centerfilialen), daneben die Postbank-Partner-Filialen. Diese Verkaufsstellen gehören ins Postbank-Netz.

Zum Netz der Post zählen:

Unberücksichtigt bei dieser Aufzählung bleiben die reinen Geschäftskundenfilialen. Die in Postbankfilialen etablierten Philatelieschalter und die Briefmarkenautomaten werden lediglich aus abrechnungstechnischen Gründen als „Verkaufsstellen” mit eigener Ordnungszahl geführt, sind aber für die Pflichtzahl nach PUDLV nicht relevant.

Das war&apo;s nun aber wirklich. Wobei niemand sagen kann, ob nicht noch diese oder jene Idee urplötzlich am Horizont des Verkaufsstellennetzhimmels auftaucht, die der Vorstand geneigt ist, umzusetzen. Für uns (und für den Kunden) ist die Format-Vielfalt sicher sehr verwirrend. Auch ist für mich nicht erkennbar, ob ich gerade einen Poststandort ansteuere, bei dem ich mit meiner ec-Karte Geld bekomme, - oder ob der Betreuer traurig den Kopf schüttelt und sagt: „Sorry, bei mir nur Post - keine Bank!” Letztlich bleibt aber das über allem stehende Fazit für ein börsennotiertes Unternehmen immer: Das Verkaufsstellennetz muss sich rechnen.

Vorstandsmitglied Jürgen Gerdes hatte per Pressemitteilung im April 2010 den großzügigen Ausbau des Verkaufsstellennetzes angekündigt: Zu den rund 17.000 Verkaufsstellen sollten bis Jahresende rund 4.000 neue installiert werden. Damit sollte die allgemeine Kundenzufriedenheit (Ende 2009 waren knapp 90 Prozent befragte Kunden mit den Leistungen der Post zufrieden oder sehr zufrieden) noch gesteigert werden. Allerdings sind diese neuen Angebotsstellen des Einzelhandels wohl eher im Postpoint- oder Verkaufspunkte-Segment anzusiedeln.

Hier ein Videoclip der Deutschen Post AG „Partnerfiliale”:

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© Deutsche Post AG (2008)

Beispiele für die Verkaufsstellensituation und den Wandel im Erscheinungsbild der Post- und Postbankfilialen veranschaulichen folgende Videokurzfilme der Deutschen Postbank (2008):