30.06.2009
Experten und Arbeitnehmervertreter bewerten die Liberalisierung des Post- und Telekommunikationsmarktes 20 Jahre, nachdem der Bund am 1. Juli 1989 mit der Postreform I die Privatisierung der Deutschen Bundespost einleitete, zwiespältig. Dies wurde bei einem Seminar der Hans-Böckler-Stiftung in Bonn im Juni 2009 deutlich.
Uneingeschränkt positiv ist die Beurteilung der Entwicklung im Telekommunikationsmarkt für die Verbraucher, die mit stark gesunkenen Preisen von der Liberalisierung profitierten. Kostete ein Ferngespräch früher mehr als 30 Cent pro Minute, ist es nun oft weniger als 1 Cent. Internet und Mobilfunk haben das Land verändert mit vielen neuen Unternehmen und Produkten.
Nach Meinung der Seminarteilnehmer verbrannten Post und Telekom Milliarden in zu teuren Zukäufen. Unter dem Druck des Wettbewerbs fielen 150.000 Stellen weg. „Der Druck auf die Mitarbeiter nimmt extrem zu”, sagte Telekom-Betriebsratsvorsitzende Waltraud Litzenberger. „In der Logistik zahlt die Deutsche Post Stundenlöhne von manchmal gerade 6 Euro und unterschreitet damit sogar die Mindestlöhne im Briefbereich”, so Post-Betriebsratsvorsitzender Thomas Koczelnik.
Auf Kritik stieß die harte Regulierung der Bundesnetzagentur gegenüber der Deutschen Telekom. „Es ist problematisch, dass da zu sehr nur auf günstige Preise geachtet wird”, räumte der frühere Bundespostminister Wolfgang Bötsch ein. Ohne eine Lockerung der Regeln sei nun eine weitere Aufrüstung des DSL-Netzes der Telekom gefährdet, warnte ihr stellvertretender Aufsichtsratschef Lothar Schröder, ver.di. „Der Konzern kann nicht Milliarden investieren, wenn er die neuen Netze dann zu Billigpreisen an Wettbewerber vermieten muss.”
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