Deutsche Post AG Briefzustellung in Berlin, 2006UPS AirlinesPostbank Centerfiliale Berlin-Charlottenburg, Goethestr. 2-3, 2006PIN Briefzustellung in Leipzig, 2005DHL Paketzustellung, Post in neuem DHL-Design, 1.4.2003Deutsche Telekom, Gebäudekennung, Digi Park Flughafen Köln/Bonn, 2006Vodafone Gebäude Am Seestern Düsseldorf, 2004

Post und Telekommunikation

Der Gastbeitrag

Den folgende Beitrag hat die Deutsche Gesellschaft für Post- und Telekommunikationsgeschichte e.V. (DGPT) in ihrem Magazin „Post- und Telekommunikationsgeschichte” Heft 1/1996 veröffentlicht. Mit freundlicher Zustimmung des Autors wird er nun Bestandteil dieser Dokumentation.

Stand: 1995

Von der Deutschen Bundespost POSTDIENST zur Deutschen Post AG

von Gerd Gnewuch

Die Situation beim Starl im Jahre 1989

In den Jahren von 1989 bis 1995 vollzog sich der Übergang vom staatlichen Unternehmen Deutsche Bundespost POSTDIENST zur privatwirtschaftlichen Deutschen Post AG. Es wird hier versucht, den organisatorischen und betrieblichen Teil der Entwicklung aufzuzeigen, obwohl eine annähernd vielseitige und umfassende Gesamtdarstellung im engen Rahmen dieser Publikation nicht möglich ist. Auch ist Quellenmaterial schon jetzt nur noch in geringem Maße vorhanden. Es soll bei dem Versuch einer kurzgefassten Darstellung nicht auf den Weg des Gesetzgebungsverfahrens von der Postreform I (Inkrafttreten des Poststrukturgesetzes am 1. Juli 1989) zur Postreform II (Verabschiedung des Gesetzentwurfs durch den Bundesrat im Juni/Juli 1994) eingegangen werden. Hierzu sei auf den Aufsatz von Dieter Kühn in Heft 2/1995 der „Post- und Telekommunikationsgeschichte” verwiesen.

Hinweis der Redaktion: Den Aufsatz von Dieter Kühn finden Sie auch hier in der Reihe „Der Gastbeitrag”.

Um die Entwicklung von der Deutschen Bundespost POSTDIENST zur Deutschen Post AG besser verstehen zu können, müssen rückblickend auf 1989 die damals bestehenden Organisationsformen und die Dienste der „gelben Post” bekannt sein. Die 1989 noch ungeteilte Deutsche Bundespost war (Stand Juli 1989) wie folgt organisiert:

Bundesministerium für Post und Telekommunikation

Bundesminister für Post und Telekommunikation
Dr. Christian Schwarz-Schilling
Verwaltungsrat

Vorsitzer:
Heinrich Windelen
Hauptpersonalrat

Vorsitzender:
Kurt Klee
Abteilungen Mittelbehörden
1a Postdienste 1 Posttechnisches Zentralamt
1b Postbankdienste 1 Fernmeldetechnisches Zentralamt
2a Fernmeldewesen 1 Sozialamt der Deutschen Bundespost
2b Fernmeldewesen 1 Zentralstelle für Entwicklungen
3 Personalwesen 1 Zentralstelle für Zulassungen im Fernmeldewesen
4 Finanzwesen 2 Fachhochschulen
5 Zentrale Organisation, Bauwesen
Liegenschaften
1 Fachhochschule Bund/DBP
6 Öffentlichkeit, Markt 18 Oberpostdirektionen mit Landespostdirektion Berlin
7 Zentralabteilung

 
Ortsbehörden
326 Postämter mit Verwaltungsdienst mit unterstellten
6312 Postämtern
7472 Poststellen I
3275 Poststellen II
25 Posthilfsstellen
108 Fernmeldeämter  
13 Postgiroämter  
2 Postsparkassenämter  
15 Fernmeldezeugämter  

Zweck des Poststrukturgesetzes

Die oben aufgeführten Organisationsformen wurden durch das Poststrukturgesetz vom 8. Juni 1989 im Verlauf der nächsten Jahre grundlegend verändert (Postreform I). Zweck des Gesetzes war es, die Bundespost und ihre 3 neuen Unternehmen in die Lage zu versetzen, die Herausforderungen auf dem nationalen und internationalen Markt zu bestehen. Durch eine weitgehende Abkoppelung von der politischen Ebene sollte den Unternehmen ein größerer Freiraum nach marktwirtschaftlichen Gesichtspunkten und eine größere Beweglichkeit im personellen und finanziellen Bereich ermöglicht werden. Von den Unternehmensaufgaben getrennt blieben die Hoheitsaufgaben, die weiterhin vom Bundesministerium für Post und Telekommunikation wahrgenommen wurden, das im Sinne parlamentarischer Verantwortlichkeit für Aufsichts- und Regulierungsfunktionen zuständig blieb. Ein aus den 3 Vorstandsvorsitzenden der Unternehmen gebildetes DIREKTORIUM der DBP ist u.a. für die Sozialangelegenheiten zuständig.

Organigramm

Für das Unternehmen POSTDIENST ergaben sich durch die Postreform I für die Zukunft neue Perspektiven, u.a. die Chance, Mitte der 1990er-Jahre finanziell in die schwarzen Zahlen zu kommen. Die Voraussetzung hierfür waren eine positiv zu bewertende Eröffnungsbilanz, die stark abnehmende Ablieferung an den Bund und ein neues modernes Management. Mit der Bildung des Aufsichtsrates und des Vorstandes wurde noch im Jahre 1989 die Grundlage dafür geschaffen, dass zu Jahresbeginn 1990 der POSTDIENST in veränderter Organisationsform seine Arbeit aufnehmen konnte.

Der Aufsichtsrat der Deutschen Bundespost POSTDIENST

Am 14. September 1989 trat der Aufsichtsrat zu seiner konstituierenden Sitzung zusammen. Er bestand aus 21 Mitgliedern (je 7 Vertreter des Bundes, der Anwender und Kunden sowie des Personals des Unternehmens), die von der Bundesregierung in diese Funktion berufen worden waren. Die Aufsichtsratsmitglieder wählten aus ihrer Mitte den Vorstandsvorsitzenden der Flachglas AG, Herrn Dr. Walter Trux, zum Vorsitzenden. Zu seinem Stellvertreter wurde der Vorsitzende der Deutschen Postgewerkschaft, Kurt van Haaren, gewählt.

Der Vorstand der Deutschen Bundespost POSTDIENST

Bereits in seiner konstituierenden Sitzung erteilte der Aufsichtsrat sein Einvernehmen zur Berufung des früheren Chefs der Quelle-Gruppe, Dr. Klaus Zumwinkel, zum Vorstandsvorsitzenden des Unternehmens POSTDIENST. Der Vorschlag war vom Bundesminister für Post und Telekommunikation ausgegangen, der auch Vorschläge für 6 weitere Vorstandsmitglieder, von denen 3 bisher dem Bundesministerium für Post und Telekommunikation angehört hatten, dem Aufsichtsrat unterbreitete. Auch zu diesen Vorschlägen stellte der Aufsichtsrat nach eingehender Beratung sein Einvernehmen fest. Zum Vorstand gehörten somit:

Vorstandsvorsitzender Dr. Klaus Zumwinkel
Vorstandsbereich Vorstandsmitglied
V1 = Briefdienste Dipl.-Volkswirt Richard Wohlfahrt
V2 = Frachtdienste und Vertrieb Dieter Seegers-Krückeberg
V3 = Produktion Dr. Günter W. Tumm
V4 = Datenverarbeitung und Einkauf Dr. Hans-Dieter Petram
V5 = Personal Wolfhard Bender
V6 = Finanzen und Recht Dipl.-Volkswirt Franz Schöll

Verwaltungsrat und Infrastrukturrat

Nach § 62 des Postverfassungsgesetzes endete 1989 die Amtszeit des 1. Verwaltungsrates der Deutschen Bundespost mit der Bildung der Aufsichtsräte der 3 Unternehmen. Nach der Trennung von Hoheits- und Unternehmensbereichen wurde die Arbeit des Verwaltungsrates außer in den Aufsichtsräten der 3 Unternehmen in einem Infrastrukturrat beim Bundesminister für Post und Telekommunikation weitergeführt.

Der Infrastrukturrat bestand nach dem Postverfassungsgesetz aus je 11 Vertretern des Deutschen Bundestages und des Bundesrates. Am 15. Dezember 1989 trat der Infrastrukturrat zu seiner konstituierenden Sitzung zusammen, bei der Gerhard O. Pfeffermann, Mitglied des Deutschen Bundestages, zum Vorsitzenden gewählt wurde. Der Infrastrukturrat trat für den politisch-hoheitlichen Bereich an die Stelle des bisherigen Verwaltungsrates. Er sollte die Infrastrukturinteressen der Bundesländer vertreten und insbesondere bei der Festlegung der sogenannten Pflichtleistungen mitwirken, die die Unternehmen entsprechend ihrem Infrastrukturauftrag erbringen müssen.

Die Postdienste

Um die Situation besser zu verstehen, der sich das Unternehmen Deutsche Bundespost POSTDIENST zu Beginn seiner Arbeit stellen mußte, sollen hier einige Daten der verschiedenen Postdienste (Stand: Ende 1989) genannt werden, soweit sie sich aus dem Geschäftsbericht 1989 entnehmen lassen.

1989 beförderte die Post 13.885,6 Millionen Briefsendungen und 249,5 Millionen Paketsendungen. Hinzu kamen 1.774,1 Millionen Zeitungen und Zeitschriften (ohne Postzeitungsgut). Noch behauptete sich der Brief, trotz der schnellen Weiterentwicklung durch die konkurrierenden Telekommunikationsdienste, als erfolgreichstes Produkt der „gelben Post”. Da aber der klassische Brief und die Postkarte ihre Sättigungsgrenze offenbar erreicht hatten, lagen schon damals bei den Werbesendungen, z.B. beim Direktmailing, besondere Wachstumschancen.

Anders als im Briefdienst bewegte sich der Paketdienst in einem Wettbewerbsmarkt. Die „gelbe Post” versuchte 1989 durch die marktgerechte Weiterentwicklung des Dienstleistungsangebotes, z.B. durch das (neue) Postgut, die Einführung des Postkurierdienstes und die Normierung des Datapostdienstes Inland, zielgruppengerecht am Markt präsent zu sein. Trotzdem kam es 1989 zu einer hohen Kostenunterdeckung beim Paketdienst, u.a. bedingt durch den Infrastrukturauftrag, die Bedienungspflicht und einen hohen Personalkostenaufwand.

Im Schalterdienst wurden, den Wünschen der Kunden nach mehr Vertraulichkeit bei der Abwicklung ihrer Geschäfte entsprechend, bei den Postämtern, wo es räumlich möglich war, sogenannte Diskretionszonen eingerichtet.

In der Betriebstechnik arbeiteten 1989 an 53 Standorten Briefverteilanlagen, bestehend aus Anschriftenlesern, Video-Codiermaschinen und Feinverteilmaschinen, sowie 32 Förder- und Verteil-Anlagen modernsten Standards für die Bearbeitung von Paketen und Päckchen.

Im Postzeitungsdienst, der 1988 nur einen Kostendeckungsgrad von 56 Prozent aufwies, stand eine Steigerung der Einnahme durch die am 1. Januar 1989 in Kraft getretene Postzeitungsgebührenordnung in Aussicht.

Durch den Postrentendienst wurden 1989 im Inland insgesamt 189 Millionen Zahlungen über 168,3 Milliarden DM ausgeführt, davon 99 Prozent der Zahlungen unbar. Außerdem wurden 8,6 Millionen Renten an Empfänger im Ausland gezahlt.

Marktkommunikation

Auf dem Weg zur Marktorientierung setzte die Post bereits 1989 das gesamte Instrumentarium der modernen Kommunikationsstrategie ein: die Markt- und Meinungsforschung, PR-Maßnahmen, das Auftreten bei Messen und Ausstellungen und die gesamte Palette zentraler. klassischer Werbemaßnahmen für die Inanspruchnahme der Postdienstleistungen (Kampagne „Schreib mal wieder”) bis hin zur Philateliewerbung (z.B. „Wahl der schönsten Briefmarke”). Ab 1990 wurden diese Maßnahmen (u.a. mit besonderer Betonung der Pressearbeit und der HR-Arbeit) weitergeführt.

DDR Postzustellanlagen

In den neuen Bundesländern
werden die von der ehemaligen Deutschen Post der DDR
installierten Postzustellanlagen abgeschafft.
Foto: Redaktion Die Post

Personalwesen

Sämtliche Leistungen der Post wären aber nicht möglich gewesen ohne ein fachlich gut ausgebildetes und motiviertes Personal. Von den 455.225 Kräften der DBP (Jahresdurchschnitt, Teilkräfte auf volle Kräfte umgerechnet) waren 321.098 Kräfte - ohne Nachwuchskräfte und sonstige Kräfte - für die Postdienste tätig. 1989 ergaben sich für einen Teil der Kräfte einschneidende Veränderungen im Dienstrecht, z.B. durch die Übernahme bestimmter leitender Positionen in ein nunmehr vertraglich geregeltes öffentlich-rechtliches Amtsverhältnis zum Bund, durch Sonderregelungen der Postlaufbahnverordnung und durch Leistungszulagen im Rahmen der neuen Postleistungszulagenverordnung. Die Verkürzung der Wochenarbeitszeit von 40 auf 39 Stunden wurde ohne einen Mehrbedarf von Kräften durch Rationalisierungsmaßnahmen aufgefangen.

Finanzwesen

Mit dem Inkrafttreten des Poststrukturgesetzes wurden die Vorschriften des Postverwaltungsgesetzes aufgehoben, wodurch die Verpflichtung entfiel, den Jahresabschluss auf der Grundlage der kameralistischen Jahresrechnung zu erstellen. Künftig muss also das Unternehmen POSTDIENST den Jahresabschluss nach handelsrechtlichen Grundsätzen aufstellen und die bisherige kameralistische auf die kaufmännische Finanzbuchhaltung umstellen.

Für das Übergangsjahr 1989 wurde der Jahresabschluss vom Direktorium der DBP aufgestellt. Die Gesamtbilanz 1989, mit den darin enthaltenen Teilbilanzen (z.B. Post- und Fernmeldedienste), stellte zugleich die Schlussbilanz der DBP dar.

Post- und Fernmeldebeziehungen zur ehemaligen DDR

Die politische Entwicklung in der DDR brachte auch Bewegung in die Beziehungen der beiden deutschen Staaten auf den Gebieten des Post- und Fernmeldewesens. Sogleich nach Öffnung der innerdeutschen Grenzen am 9. November 1989 unterstützte die Deutsche Bundespost POSTDIENST die Gemeinden bei der Auszahlung des sogenannten Begrüßungsgeldes an Einreisende aus der DDR und Berlin (Ost). Es wurden bis Ende Dezember 1989 insgesamt 436,2 Millionen DM an Postschaltern ausgezahlt. Mitte Dezember 1989 setzten die Postminister der Bundesrepublik Deutschland und der DDR eine gemeinsame Regierungskommission zur Ausgestaltung der Post- und Fernmeldebeziehungen ein.

Auf die Geschichte der Ende 1989 in Gang gekommenen Vereinigung der Post in der Bundesrepublik Deutschland mit der Post in der DDR soll im Rahmen dieser Darstellung nicht ausführlich eingegangen werden. Es sei jedoch verwiesen auf die Darstellung von Franz Schöll: „Zur Vereinigung der Deutschen Bundespost und der Deutschen Post” in PostPraxis, Nr. 1-5/93 und auf das von Franz Schöll 1995 für die Deutsche Post AG in der Edition Hentrich herausgegebene Buch „Einheitsfarbe Ginstergelb. Die Postler in West und Ost als Praktiker der Einheit”.

Zu den neuen Strukturen und neuen Organisationsformen

Das Jahr 1990 war geprägt vom Weg zu einer neuausgerichteten Organisationsstruktur mit einer neuformierten Führung an der Spitze. Gleichzeitig musste die Deutsche Bundespost POSTDIENST die organisatorische Eingliederung der Deutschen Post der DDR bewältigen. Dadurch stieg z.B. die Anzahl der Postämter und Poststellen gegenüber dem Vorjahr von rund 17.400 auf über 29.000.

Ferner erwies es sich als notwendig, der Anfang 1990 neu gegründeten Generaldirektion POSTDIENST (in Bonn) eine Außenstelle Berlin beizugeben, die am 4. Oktober 1990 unter der Leitung des Vorstandsmitgliedes Franz Schöll ihre Arbeit aufnahm. Sie hatte die Aufgabe, die postalischen Verhältnisse in beiden Teilen Deutschlands einander anzugleichen, damit eine gemeinsame Leitung möglich werde.

1990 wurden für das Gebiet der Deutschen Post, benannt „VGO” = Verkehrsgebiet Ost, nicht nur wie im „VGW” = Verkehrsgebiet West das Post- und Fernmeldewesen auf Direktions- und Amtsebene getrennt. Am 1. Oktober 1990 entstanden 5 neue Direktionen POSTDIENST in Dresden, Erfurt, Halle. Potsdam und Schwerin. Sie waren den 18 Oberpostdirektionen (einschließlich der LPD Berlin) des VGW gleichgestellt. Bei den 18 Mittelbehörden des VGW wurden jeweils Bereiche POSTDIENST gebildet. Im VGO wurde zur Jahreswende 1990/91 mit der Bildung von 65 neuen Postämtern (V) begonnen.

Im Jahr 1991 blieb die Organisationsform weitgehend unverändert: Unter dem Vorstand arbeitete die Generaldirektion in Bonn als Hauptverwaltung, der wiederum 18 Oberpostdirektionen (im VGW) und 5 Direktionen POSTDIENST als Regionalverwaltungen unterstanden. Die Zahl der Postämter (V) hatte sich geringfügig von 391 (Ende 1990) auf 388 (Ende 1991) verringert. Insgesamt gab es Ende 1991 in ganz Deutschland 25.922 Postämter und Poststellen.

Die Neustrukturierung des Unternehmens nahm 1992 seinen Fortgang. Es blieb zwar noch bei der Zahl von 23 Regionalverwaltungen, nunmehr (seit Januar 1993) einheitlich für den Gesamtbereich der Deutschen Bundespost POSTDIENST als Direktion bezeichnet, doch wurden bereits die Weichen gestellt für eine Zuordnung derselben zu den „Sparten” Brief, Fracht und Vertriebsfilialen. Gegenüber 1991 verringerte sich die Zahl der Postämter und Poststellen durch Optimierung des Vertriebsnetzes (Anpassung an den Bedarf und die Verkehrsmengen, Abbau von Mehrfachversorgungen) von rund 26.000 auf nunmehr 22.000, darunter 5.000 in den neuen Bundesländern. Als man am 1. Januar 1991 im POSTDIENST die kaufmännische Buchführung einführte, wurden gleichzeitig die Oberpostkassen aufgelöst und durch Regionale Buchhaltungszentren ersetzt, die jeweils die Buchhaltung für mehrere Direktionen übernahmen.

Unter der Leitung in Bonn arbeiteten 1993 auch weiterhin 23 Direktionen, deren Neugliederung in die Sparten Brief, Fracht und Vertriebsfilialen (10, 5 und 8 Direktionen) weitere Fortschritte machte. 1993 gab es noch 385 Betriebe mit lokaler Führung, wie die Postämter mit Verwaltung zeitweilig genannt wurden. Unter den jetzt ca. 20.000 Postfilialen waren 500 Poslagenturen.

Am Anfang des Jahres 1995 stand die Umwandlung des staatlichen Unternehmens Deutsche Bundespost POSTDIENST - nach dem zu Jahresbeginn 1995 in Kraft getretenen Postumwandlungsgesetz - in eine private Aktiengesellschaft mit staatlicher Mehrheitsbeteiligung. Als am 2. Januar 1995 das Amtsgericht Bonn die Deutsche Post AG unter der Nummer B 6792 in das Handelsregister eingetragen hatte, war die größte Privatisierung in der Geschichte der Bundesrepublik DeutschIand vollzogen. Die Gründungsurkunde für die Deutsche Post AG hatte der Vorstandsvorsitzende, Dr. Klaus Zumwinkel, schon am 20. Dezember 1994 von Postminister Dr. Wolfgang Bötsch entgegengenommen.

Als Dach über der AG fungierte - nach den Bestimmungen des Postneuordnungsgesetzes - eine Holding: die der Aufsicht des Bundesministeriums für Post und Telekommunikation unterstehende Bundesanstalt für Post und Telekommunikation Deutsche Bundespost, eine rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts mit Sitz in Bonn. Vorsitzender der Bundesanstalt wurde das Bundestagsmitglied Hans Gottfried Bernrath, ein ehemaliger hoher Postbeamter.

Als Nachfolgeorgan des bisherigen Infrastrukturrates wurde am 14. März 1995 ein Regulierungsrat geschaffen, dessen 32 Mitglieder die Bundesregierung ernannte. Je 16 Mitglieder gehörten dem Deutschen Bundestag sowie den einzelnen Landesregierungen an.

Im Laufe der Jahre 1994/1995 wurde aber auch die Umsetzung der Spartenorganisation in den Verwaltungen und im Betrieb, d.h. in den Direktionen und den Postämtern zum Stichtag 31. Dezember 1995 vorangetrieben. Dies gelang pünktlich zum Jahreswechsel. Aus den bisherigen 23 Direktionen wurden 10 neustrukturierte Direktionen Briefpost, 5 für Frachtpost und 8 für Postfilialen, sämtlich mit z.T. neuen Führungsmannschaften.

Gründungsurkunde der Deutschen Post AG

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Gründungsurkunde der Deutschen Post AG, 20. Dezember 1994
Folo: Gert Sommerfeldt

Dazu kommt noch eine Sparte Internationale Post. Aus 385 Postämtern mit Verwaltungsdienst - PÄ (V) - wurden 170 Sparten-Niederlassungen (83 für Briefpost, 33 für Frachtpost, 53 für Postfilialen und eine für Internationale Post). Rund 3.500 Dienststellen der ehemaligen PÄ (V) mussten den neuen Spartenniederlassungen zugeordnet werden. 340.000 Beschäftigte gehörten nunmehr einer bestimmten Sparte an. Anstelle der einst 385 Amtsvorsteher gibt es nur noch 170 Niederlassungsleiter mit erweiterten Befugnissen, z.B. der Verantwortlichkeit für das Budget ihrer Niederlassungen. Das Publikum wird aber vermutlich noch lange Zeit benötigen, bis es die seit Jahrhunderten bekannte und lieb gewordene Bezeichnung „Postamt” gegen „Niederlassung” oder „Postfiliale” eintauscht.

Die Postreform II brachte auch eine einschneidende Anderung beim Post-Museumswesen: Nach Artikel 11 des Postneuordnungsgesetzes wurde zum 1. Januar 1995 die Museumsstiftung Post und Telekommunikation als rechtsfähige Stiftung des öffentlichen Rechts mit Sitz in Bonn errichtet. Sie führt das bisher der Deutschen Bundespost TELEKOM zugeordnete Museumswesen der Deutschen Bundespost einschließlich des von der Deutschen Bundespost POSTDIENST betreuten Postwertzeichenarchivs im Sinne der Erschließung, Sammlung und Darstellung der gesamten Entwicklung der Nachrichtenübermittlung weiter.

Vom Briefdienst zur neuen Briefpost

In der Zeit von 1989 (Postreform I) bis 1995 (Postreform II) änderten sich die Bezeichnungen von Briefsendungen und die diesbezügliche Zuordnung solcher Sendungen mehrfach. Deswegen soll die einst traditionelle Briefsendung „Massendrucksache”, auch wegen ihrer ständig gestiegenen wirtschaftlichen Bedeutung und der bis heute weiter zunehmenden Sendungsmenge eigenständig (s. nächstes Kapitel) behandelt werden.

Die Zahl der Sendungen des Briefdienstes wuchs im VGW auch 1990 deutlich. Mit 13,1 Milliarden im Inland eingelieferter Briefsendungen konnte gegenüber 1989 ein Zuwachs von 1,6 Prozent erzielt werden. Rechnet man die Verkehrszahlen aus dem VGO hinzu, hatte der POSTDIENST 1990 mit 14,2 Milliarden Briefsendungen völlig neue Größenordnungen erreicht.

Im Briefdienst wurde 1990 mit den Arbeiten zur Entwicklung eines neuen Briefkonzeptes zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit begonnen. Hierzu standen kundenfreundliche Vereinfachungen der Produktpalette und eine zuverlässige Laufzeitqualität im Mittelpunkt der Planungen. Es gelang ferner, die z.T. sehr unterschiedlichen Briefdienstleistungen des VGO denen des VGW anzupassen.

1991 wurde im Briefdienst im VGW die Verkehrsmenge um 6 Prozent auf 13,9 Milliarden Sendungen gesteigert, einschließlich der in den neuen Bundesländern eingelieferten Sendungen sogar auf 16,3 Milliarden. Besonders stieg die Zahl der Massendrucksachen stark an.

Zum 1. Juli 1991 wurden im gesamten Bundesgebiet Allgemeine Geschäftsbedingungen für den Briefdienst Inland eingeführt, wodurch gegenüber den Kunden die bisherigen „Verordnungen” durch Rechtsbeziehungen auf zivilrechtlicher Grundlage abgelöst wurden. Von dem Zeitpunkt an wurden alle Dienstleistungen im VGW wie im VGO zu einheitlichen Entgelten angeboten. Somit traten die „Entgelte” an die Stelle der bisherigen „Gebühren”.

Der Briefdienst blieb auch 1992 weiter im Wachstumsbereich. Im Bereich der alten Bundesländer gab es einen Mengenzuwachs von 6,8 Prozent. In den neuen Bundesländern stieg die Zahl der 1992 eingelieferten Sendungen gegenüber dem Vorjahr sogar um 11 Prozent. Einschließlich der für das Ausland bestimmten Sendungen stieg das Sendungsaufkommen gegenüber 1991 um 1 Milliarde auf 17,3 Milliarden.

Trotz einer wirtschaftlichen Rezession in der Bundesrepublik konnte der Briefdienst 1993 eine weitere Steigerung der eingelieferten Sendungen gegenüber dem Vorjahr um 1 Milliarde auf insgesamt 18,3 Milliarden Sendungen verzeichnen, dies allerdings bei einem Mengenrückgang im Bereich der neuen Bundesländer. Bei den strategischen Maßnahmen, die der Briefdienst 1993 durchführte, standen im Mittelpunkt das Konzept „Brief 2000” und - als dessen Basis - das 1993 unter einem immensen Werbeaufwand erfolgreich eingeführte 5-stellige Postleitzahlen-System.

PLZ-Party 1993

Postleitzahlen-Party am 30. Juni 1993 vor dem Roten Rathaus in Berlin.
v.li. Dr. Klaus Zumwinkel, Dr. Wolfgang Bötsch,
Ex-Turner Eberhard Gienger, Bürgermeisterin Christine Bergmann,
Boxer Henry Maske
Foto: Rolf-H. Peters/Deutsche Bundespost POSTDIENST

Am 1. April 1993 trat das neue Produkt- und Preissystem für die Briefpost in Kraft. Die neue Produktlinie setzte auf 4 Basisprodukte und übersichtliche, für den Kunden transparente Preise. Die gesamte Entgeltstruktur wurde (kostenorientiert) neu geordnet. Mit dem neuen Produktkonzept ging ein neues Produktionskonzept einher. 1993 wurde die Einrichtung von 83 neuen „Briefzentren” geplant, die für die Briefpost ein völlig neues Logistiksystem unter Anwendung modernster Technologie und eines neuen Transportnetzes bedingten.

Als Voraussetzung für das Konzept „Brief 2000” wurde die Aufgabe der unterschiedlichen ost- und westdeutschen Postleitzahlen (es gab 802 Überschneidungen mit gleicher Postleitzahl!) und die Einführung von rund 34.000 neuen gesamtdeutschen Postleitzahlen zum 1. Juli 1993 bewältigt. Das bedeutete eine enorme Herausforderung für die Produktion und die Öffentlichkeitsarbeit, der u.a. auch dank eines hohen Kosteneinsatzes ein voller Erfolg gelang. Bereits einen Monat nach dem Einführungstermin wiesen 91 Prozent der Inlandssendungen die neue Postleitzahl auf. Einen nicht geringen Anteil hatte dabei die von der Unternehmenskommunikation eingesetzte (und bis heute noch „im Dienst” befindliche) Comic-Figur „Rolf” mit seinen Sprüchen wie „Fünf ist Trümpf”.

PLZ-Titelfigur Rolf

Maskottchen Rolf,
Titelfigur der Werbekampagne für die neuen 5-stelligen Postleitzahlen 1993
© Ully Arndt

Die Briefpost bearbeitete 1994 national ca. 18,1 Milliarden Sendungen, wobei sich die einzelnen Sendungsarten sehr unterschiedlich entwickelten. So ging z.B. beim Brief die Zahl der Sendungen um 5,1 Prozent auf 9,3 Milliarden zurück.

Das Briefkonzept wurde 1994 mit der Fertigstellung der beiden ersten Briefzentren (Greven und Straubing) weiter vorangetrieben. Ende 1995 waren bereits 16 Briefzentren am Netz! Vorbereitungen für die Inbetriebnahme von 23 weiteren Zentren waren Ende 1995 so weit gediehen, daß diese voraussichtlich 1996 starten können. Die bundesweite Umstellung der Produktion auf Briefzentren ist bis 1998/99 vorgesehen.

Diese Maßnahmen sehen bis zum Jahr 2000 Investitionen von ca. 4 Milliarden DM vor. Die Umstellungsmaßnahmen mussten (und müssen) so durchgeführt werden, daß die tägliche Zustellung für die Kunden möglichst ohne „Qualitätsverlust” sprich: ohne längere Laufzeiten unterwegs und ohne längere Wartezeiten an der Haustür bewältigt werden kann. Immerhin beträgt die Zahl der von 100.000 Zustellern zu bedienenden Haushalte 35,3 Millionen, wovon täglich etwa 21 Millionen aufgesucht werden müssen.

1995 wurden 18,1 Milliarden Stück Briefpost bearbeitet, darunter 9,3 Milliarden Briefe und Karten. Der Anteil an Geschäftspost betrug 80 Prozent. Die Briefpost unterhält für ihre Kunden z. Zt. ca. 145.000 Briefkästen und 835.000 Postfächer.

Aus Massendrucksachen werden lnfosendungen

Als ein Geschäftsfeld mit Zukunft und als ein wichtiges Medium der modernen Werbewirtschaft hatten sich schon vor der Postreform I die Massendrucksachen abzuzeichnen begonnen. In den Jahren 1990-1993 wuchs die Sendungsmenge gegenüber den anderen Briefsendungen ständig überproportional.

Seit 1. April 1993 wurden Massendrucksachen als „Infopost” bezeichnet. Die Infopost bot den Geschäftskunden neue Möglichkeiten für das Direktmarketing. 1993 waren unter den 18,3 Milliarden Briefsendungen schon 5,7 Milliarden Infopost-Sendungen.

Am 1. September 1994 wurde von der Deutschen Bundespost POSTDIENST ein neues Produktions- und Preissystem auf den Markt gebracht. In diesem Jahr stieg die Sendungsmenge weiterhin überproportional: Es wurden 6,6 Milliarden Infopost-Sendungen verarbeitet. Die Infopost, das Direct Mail-Werbemedium der Zukunft, verspricht auch künftig, selbst wenn ein härterer Wettbewerb droht, erhebliche Absatz- und Umsatzsteigerungen. Und das, obwohl der Postminister seit Jahresbeginn 1995 an Privatunternehmen Lizenzen für Briefsendungen bis 250 g erteilt hat und 1996 auch Lizenzen für Sendungen von mehr als 100 bis 250 g erteilen wird. Nach Angaben des Postministers bedeutet die Freigabe von Infopost mit mehr als 250 g, dass rund 30 Prozent oder 850 Millionen DM des gegenwärtigen Infopostumsatzes der Post in den Wettbewerb gehen.

Seit 1. April 1995 bietet die Post einen neuen Service: den Infobrief. Wer mehr als 50 Briefe mit gleichem Inhalt verschickt, kann die neue Sendungsart Infobrief wählen. Der Preis liegt zwischen dem für vollbezahlte Briefe und dem der Infopost. Ende 1995 wurden unter den 18,1 Milliarden Briefsendungen 6,6 Milliarden Infopost-Sendungen gezählt.

Noch schneller: Telebriefe und elektronische Post (ePost)

Die Deutsche Bundespost POSTDIENST hat 2 Geschäftsfelder im Einsatz, um auf dem zukunftsträchtigen Wachstumsmarkt der elektronischen Kommunikation präsent zu sein: den Telebriefdienst (Fax für jedermann) und den elektronischen Briefservice (ePost).

Der in den alten Bundesländern bereits erprobte Telebriefdienst wurde 1991 auch in den neuen Bundesländern eingeführt. 1992 gab es in Deutschland 1.525 Telebriefstellen, darunter schon 125 in den neuen Bundesländern. Ein Jahr später war die Zahl der nationalen Telebriefstellen auf 1.800 gestiegen. Der internationale Telebriefdienst wurde 1993 auf 61 Länder ausgedehnt.

Die ePost ermöglicht es den Kunden, Texte elektronisch einzuliefern. Danach werden die an empfängernahe Stationen elektronisch übermittelten Nachrichten dort ausgedruckt, kuvertiert und den Empfängern durch den Zusteller als Briefe, Telebriefe oder als Infopost ausgeliefert. Eine ePost-Zentrale nahm im Sommer 1992 in Frankfurt am Main den Pilotbetrieb auf. 1993 wurde die erste Ausbaustufe des Netzes mit Stationen in mehreren großen Orten fertiggestellt und im Test mit Erfolg erprobt. Inzwischen hat sich diese Sendungsart in unvorstellbarem Maße entwickelt: Die ePost rechnet 1996 mit einem Sendungsaufkommen von 100 Millionen Stück, womit sie ihre Produktion gegenüber 1995 verdoppeln würde.

Telebriefstelle

Telebriefstelle / Foto Rolf-H. Peters/Deutsche Bundespost POSTDIENST

Vom Postzeitungsdienst zur Pressepost

Die im Postzeitungsdienst 1990 bearbeiteten etwa 2 Milliarden Sendungen im VGW verteilten sich auf Postvertriebsstücke, mit denen ca. 90 Prozent des Umsatzes erzielt wurden, auf Postzeitungsgüter und Streifbandzeitungen. Obwohl 1990 die beförderte Sendungsmenge weiter anstieg, was einen Umsatzzuwachs um 32 Millionen DM auf 795 Millionen DM bewirkte, ergab sich durch die gesellschaftspolitisch begründeten niedrigen Gebühren 1990 ein Verlust in Höhe von mehr als 500 Millionen DM. Eine etwa gleich hohe Zahl von Sendungen kam 1990 durch die Eingliederung der Deutschen Post der DDR in die DBP POSTDIENST auf.

Für den Postzeitungsdienst war es 1991 folglich die wichtigste Aufgabe, den Postzeitungsvertrieb der ehemaligen Deutschen Post der DDR, dem Organ staatlich gelenkter Informationspolitik, mit dem marktorientierten Postzeitungsdienst der Deutschen Bundespost POSTDIENST zusammenzuführen. Obwohl die Zahl der Sendungen und damit auch der Umsatz anstieg, musste 1991 erneut ein hoher Verlust, fast 900 Millionen DM, hingenommen werden. Neben dem dafür hauptsächlich verantwortlichen niedrigen Preisniveau kostete auch bei diesem Dienstzweig die Integration der neuen Bundesländer ihren Preis, obwohl die im VGW unbekannten Gebiete des DDR-Zeitungsdienstes (Verkauf in Kiosken, in Zügen usw.) abgebaut wurden. 1992 wurde der Postzeitungsdienst - nunmehr unter dem Namen „Pressepost” wirkend - zur Erreichung eines besseren Leistungsstandards völlig neu strukturiert. Dabei stand die Qualitätsverbesserung (Ziel: E+2) an erster Stelle. Neben eingeleiteten Rationalisierungen, z.B. durch die Konzentration der Logistik auf 12 Depots und die zentrale Hauptumschlagsbasis in Bad Hersfeld, wurden möglichst marktund kostenorientierte Preise angestrebt. Der Zeitungsdienst in den neuen Bundesländern konnte zum 1. Juli 1992 dem Standard der Pressepost in den alten Bundesländern voll angepasst werden. 1993 wurden 2,4 Milliarden Pressepost-Sendungen eingeliefert.

Die Neustrukturierung wurde 1993 verstärkt fortgeführt. Neben der Einführung neuer, kostenorientierter Preise für das Postvertriebsstück und neben den Vorbereitungen für die neue Sendungsart „Pressesendung”, wurde ein neues Express-Logistik-Netz im Praxistest eingeführt und von zahlreichen Kunden auch angenommen. In Kooperation mit der EMS Kurierpost GmbH wurde speziell für überregionale Tageszeitungen ein sogenanntes Schnelläufernetz bereitgestellt, das die Zustellung der Titel möglichst am Erscheinungstag garantieren soll. Die Umsätze der Pressepost konnten 1993 gegenüber dem Vorjahr um über 10 Prozent gesteigert werden. Zum 1. Februar 1994 konnte die Deutsche Bundespost POSTDIENST die neue Sendungsart „Pressesendung” einführen. Sie ist gedacht für Presseobjekte, die nicht (wie Zeitungen) im Abonnement, sondern im Einzelverkauf vertrieben werden, z.B. Comic-Hefte, Rätselhefte usw. In den Jahren 1994 und 1995 gab es keine wesentlichen Steigerungen an eingelieferter Pressepost. Es wurden jeweils ca. 2,2 Milliarden Sendungen bearbeitet.

Der größte Briefmarkenhändler: Postphilatelie

Die Vereinigung Deutschlands stellte den Bereich Briefmarken der Deutschen Bundespost POSTDIENST vor besondere Probleme. Es gelang, die vorhandenen 3 Markenprogramme, denn Berlin (West) hatte aufgrund alliierter Vorbehaltsrechte eigene Marken, mit dem Tag der Vereinigung (3. Oktober 1990) zu vereinheitlichen. Die Berliner Marken blieben noch bis zum 31. Dezember 1991 gültig, ebenso die DDR-Marken, die nach Inkrafttreten der Währungsunion (1. Juli 1990) mit der Währungsbezeichnung DM verausgabt worden waren. Danach gab es nur noch Marken mit der Inschrift „Deutsche Bundespost”.

Seit Jahren mit einigen Hundert Millionen DM stets gewinnbringend, u.a. wegen der mehr als 700.000 Abonnenten bei den 3 Versandstellen für Postwertzeichen, arbeitet der Bereich Postphilatelie. Was die Sondermarken anging, bestanden für die 3 deutschen Ausgabegebiete für 1991 noch getrennte Jahresprogramme. Sie mussten zusammengefasst werden, was die Rekordzahl von 81 Einzelwerten (darunter 4 Blockausgaben) ergab. Für Kinder bot der Philateliebereich einen Mitte 1990 eingeführten Anfängerset, die „Markenkiste”, an, von der bis Ende 1991 etwa 200.000 Stück vertrieben wurden. Seit Anfang 1991 wurde an den Schaltern die neue Kinderzeitschrift „Salto” (mit Briefmarkenbeilage) verkauft. Die Philatelie konnte 1992 u.a. wegen der Ausgabe der ersten gemeinsamen gesamtdeutschen Briefmarken und durch neue Werbe- und Marketingmaßnahmen (Start-Abo, Probe-Abo, Freundschaftswerbung, Einführung des Gesellschaftsspieles „Collector”) weitere Zuwächse erzielen.

Ein wichtiger und weiterhin sehr umsatzbringender Bereich blieb auch 1993 die Philatelie, u.a. über den Verkauf sogenannten Editionen, d.h. von Büchern mit Briefmarken und dokumentarischen Stempelabdrucken. So waren z.B. zur Einführung der neuen 5-stelligen Postleitzahlen zwei sogenannte Stempel-Editionen in kurzer Zeit vergriffen. In 500 ausgewählten Postfilialen fand 1993 auch erstmals ein philatelistischer Weihnachtsmarkt statt, den die Philateliewerbung nicht nur bewarb, sondern auch einrichtete und betreute. Die erfolgreiche Innovation hat sich bewährt und wird heute von der Postphilatelie weitergeführt. Dort konnten Kunden in der Vorweihnachtszeit allerlei philatelistische Produkte erwerben oder auch Abonnements bei den 3 Versandstellen abschließen. Als erfolgreiche Innovation erwies sich ein 1995 eingerichteter mobiler Philatelie-Service.

Im Geschäftsfeld „Postphilatelie” wirkte sich die Umwandlung des ehemals staatlichen Unternehmens in eine private AG dahingehend aus, dass die weiterhin hoheitlich bleibende Ausgabe von Postwertzeichen zu Jahresanfang 1995 von der Generaldirektion der Deutschen Post AG an das Bundesministerium für Post und Telekommunikation abgegeben werden musste. Spektakulär für die Philatelisten war 1995 die erste Ausgabe einer Briefmarke mit der Inschrift „Deutschland” am 6. April 1995. Dies war - nach dem Vorbild anderer Staaten - auch deswegen notwendig, weil die Deutsche Post AG als Privatunternehmen nicht mehr die weiterhin hoheitlich gebliebene Aufgabe der Markenherausgabe wahrnehmen kann. Von der weiteren Folge der Privatisierung, der Verlagerung der Ausgabenpolitik und der Markengestaltung (mit den beiden Gremien Programmbeirat und Kunstbeirat) zum Bundesministerium für Post und Telekommunikation, merkten die Kunden kaum etwas.

Vom Paketdienst zur neuen Frachtpost

1990 wuchs die Zahl der im Bereich der Deutschen Bundespost POSTDIENST (VGW) eingelieferten Paketsendungen (Pakete und Päckchen) gegenüber dem Vorjahr um 4 Prozent auf 545 Millionen Sendungen. Einschließlich der Verkehrszahlen des VGO ergab das 600 Millionen Sendungen. Bei den Paketsendungen verlor die Deutsche Bundespost POSTDIENST wie schon vor der Postreform I auch 1990 fortlaufend Marktanteile und arbeitete, gemessen an vergleichbaren Wettbewerbern, mit deutlich höheren Kosten. So wies das Geschäftsfeld 1990 einen Verlust von rund 2 Millionen DM auf. Somit verlangte die Markt- und Kostensituation nach einer Neuorientierung mit einem neuen Frachtkonzept. Man begann mit der Planung von zunächst 33 Frachtzentren (für die Sortierarbeit) und den dazu gehörenden Zustellbasen. 1990 schätzte man die dafür notwendigen Investitionen auf 3,5 Milliarden DM. Für die Sendungen selbst wurden neue Leistungsmerkmale angestrebt:

Daneben musste der Paketdienst der ehemaligen DDR-Post völlig neu strukturiert werden. Zum 1. Juli 1991 wurde im Frachtdienst das gesamte Dienstleistungsangebot des VGW auf das VGO übertragen, u.a. das Selbstbuchungsverfahren, die Sendungsart Postgut und die Wiedereinführung der Paketzustellung. Nicht zuletzt durch diese Maßnahmen kam es zu einem starken Anwachsen der Verkehrsmenge in den neuen Bundesländern. Durch betriebliche Sofortmaßnahmen, z.B. durch die Neubeschaffung von 10.000 Kfz, konnte gegenüber 1990 eine weitaus höhere Verkehrsmenge bewältigt werden.

Der Frachtdienst konnte 1991 im harten Wettbewerb mit den privaten Anbietern mit einem Mengenplus von 12 Prozent erstmals Marktanteile hinzugewinnen. Dies geschah u.a. neben logistischen Veränderungen durch eine Neuorganisation der Kundenbetreuung, die Geschäftskundenberatung. Gute Fortschritte machte auch die Umsetzung des neuen Frachtkonzepts. In Hagen wurde das erste von 33 geplanten Frachtzentren baulich fertiggestellt. Die Realisierung des Frachtkonzeptes machte 1992 weitere Fortschritte. In 30 Orten konnten die für die 33 Frachtpostzentren benötigten Grundstücke erworben werden; in vielen Fällen waren die Zentren 1992 bereits im Bau. 1992 wurden im In- und Auslandsverkehr rund 643 Millionen Sendungen eingeliefert. Zum 1. Juli 1992 wurde die erste Stufe eines neuen Tarifsystems eingeführt. Ziel war ein für den Kunden tariflich übersichtliches und für das Unternehmen möglichst kostenorientiertes und logistisch optimal zu erfassendes Normprodukt, dessen Preis ab 1. Juli 1993 nicht mehr von der Entfernung. sondern nur noch vom Gewicht abhängig ist. Für die Kunden ergab das eine durchschnittliche Erhöhung der Frachttarife um fast 5 Prozent. 1993 wurden bei der Frachtpost (früher „Frachtdienst”) 646 Millionen Sendungen eingeliefert, was im nationalen Verkehr eine Steigerung von fast 4 Prozent bedeutete. Die Optimierung der Verteil- und Transportlogistik (u.a. dank des im Dezember 1993 mit Mercedes abgeschlossenen Vertrages über die Lieferung und Instandsetzung von 8.760 neuen Zustellfahrzeugen) brachte besonders in den neuen Bundesländern qualitative Fortschritte. Beachtliche Akquisitionserfolge gelangen auch im Selbstbucher-Bereich durch die erfolgreiche Arbeit der Geschäftskundenberater.

1993 wurden 25 der 33 Frachtpostzentren baulich fertiggestellt, sodass mit dem Einbau der technischen Anlagen begonnen werden konnte. Planerische Arbeiten zur Errichtung von 480 den Frachtpostzentren angeschlossenen Zustellbasen und für den Start eines neuen Produktkonzeptes mit einem Standardprodukt „Post-Paket” wurden 1993 eingeleitet bzw. fortgesetzt. Im internationalen Dienst wurden den Geschäftskunden 1993 neue Kilotarife angeboten, von denen bis Ende 1993 über 4.000 Firmen Gebrauch machten.

Bei der inländischen Frachtpost nahm die Sendungsmenge (682 Millionen Sendungen im Jahre 1994) gegenüber 1993 um 10,7 Prozent zu. In konsequenter Weiterverfolgung des Frachtkonzeptes nahm das 1. Frachtpostzentrum am 2.Mai 1995 in Hagen/Westf. seinen Betrieb auf. Am 1. Juli 1995 wurde das neue Frachtpostkonzept voll wirksam. Mit 33 Frachtpostzentren. 480 Zustellbasen einer neuen Transportlogistik, u.a. mit neuen Zustellfahrzeugen und der neu geordneten standardisierten Produktpalette, besitzt die Deutsche Post AG jetzt eines der modernsten Frachtpostsysteme der Welt. Die Frachtpostzentren sind untereinander durch Direktverkehr verbunden. Täglich werden 2,5 Millionen Frachtsendungen so schnell und wirtschaftlich befördert wie nie zuvor. Über 80 Prozent der Sendungen erreichen den Empfänger am nächsten Tag. Dies ließ sich das Unternehmen von 1991 bis 1995 Investitionen in Höhe von etwa 4 Milliarden DM kosten. An nationalen Frachtpostsendungen wurden 1995 rund 682 Millionen Stück bearbeitet. Dabei waren mehr als 80 Prozent Geschäftspakete und Päckchen. Die Laufzeitqualität konnte deutlich verbessert werden. Sie beträgt bis 550 km bei über 80 Prozent der Sendungen E+1, über 550 km E+2.

Die Deutsche Pobt AG hofft, dass sich der Verlust im Frachtsektor bereits 1995 von rund 2 Milliarden DM auf eine halbe Milliarde DM abgebaut hat.

Nicht neu, aber neustrukturiert: Die Internationale Post

Im Rahmen der europaweit fallenden Grenzen werden im In- und Ausland die Postmonopole eingeschränkt oder gar abgeschafft, und der Markt wird weiter freigegeben. Um diesen Herausforderungen zu begegnen, musste für die Sparte Internationale Post ein neues Betriebskonzept entwickelt werden, das seit Jahresbeginn 1996 wirksam ist. Im Bau ist zurzeit ein Internationales Postzentrum (Internationale Brief-Niederlassung) in Frankfurt am Main. Hier werden künftig von ca. 1.200 Kräften die internationalen Briefsendungen und Luftpostpakete bearbeitet. Internationale Frachtstationen entstehen in Hannover, Köln, Leipzig, Nürnberg und Speyer. Geplant wird ein Internationales Seezentrum in Hamburg.

Die Internationale Post hat 1994 über 1 Milliarde Sendungen bearbeitet, darunter 980 Millionen Briefsendungen (406 Millionen ins Ausland und 574 Millionen von dort) und 24 Millionen Frachtsendungen (19,5 Millionen ins Ausland und 4,5 Millionen von dort).

Vielfacher Wandel im Schalterbereich

Im Schalterdienst wurden 1990 im traditionellen Verbundbetrieb weiterhin Dienstleistungen bzw. Produkte der 3 Unternehmen der Deutschen Bundespost angeboten, was allerdings in den Folgejahren zu Auseinandersetzungen mit der Deutschen Bundespost POSTBANK über die Höhe der Abgeltung für die Postschalternutzung führte. Die Schwerpunkte des Schalterdienstes der Deutschen Bundespost POSTDIENST lagen bei den Dienstleistungen für den Brief- und Frachtdienst, für die Postbank und für den Absatz der Philatelieprodukte. Daneben wurden immer häufiger Leistungen für Dritte ausgeführt. Die Bezeichnung Postamt (mit seinen „Schaltern”) wurde in zunehmendem Maße durch den modernen Begriff „Vertriebsfilialen” und bald darauf durch „Niederlassungen” sowie „Postfilialen” abgelöst.

Angestrebt wurde die Optimierung des Vertriebsnetzes, die Umsetzung eines Einrichtungs- und Terminalisierungskonzeptes und der Test alternativer Vertriebsformen. So sah z.B. die neue, moderne Einrichtungsform eine offene Thekenlandschaft ohne Schalterverglasung vor („Open service”) mit mehr Selbstbedienungsmöglichkeiten und einem zusätzlichen Angebot meist „postnaher” Produkte. Die vormals so zeitintensive Handarbeit der Beschäftigten wurde zunehmend durch den 1993 begonnenen Einsatz des Schalterterminalsystems EPOS (= elektronischer Postschalter) ersetzt.

Im Bereich „Postfilialen” war das Jahr 1993 gekennzeichnet durch entscheidende Weichenstellungen hin zu größerer Wirtschaftlichkeit bei einer gleichzeitigen Qualitätsverbesserung. Letzteres wurde von den Kunden häufig anders gesehen als vom Unternehmen POSTDIENST, denn es wurden etwa 1.000 kleinere, kostenungünstig arbeitende Filialen geschlossen. Andererseits wurden seit August 1993 bundesweit in Lebensmittel- und Schreibwarengeschäften bzw. in Tankstellen 500 Postagenturen eingerichtet, die für die Kunden günstigere Öffnungszeiten, Möglichkeiten zum Verbundeinkauf, für den POSTDIENST aber deutlich niedrigere Kosten bedeuten. Das für die künftige Einrichtung von Postfilialen entwickelte Konzept „Open service” wurde durch die am 9. März 1993 eröffneten, neu gestalteten Filialen in Bad Honnef und Grömitz begonnen. 12 weitere Open-service-Filialen folgten. Das Pilotprojekt Schalterterminalisierung bei 2 Postämtern verlief 1993 so erfolgreich, dass im Folgejahr rund 7.000 Schalter mit dem System EPOS 92 ausgestattet werden konnten.

Open Service-Filiale

Open Service-Filiale Bad Honnef
Foto: Gert Sommerfeldt/Deutsche Bundespost POSTDIENST

Bei den Postfilialen trug 1994 das Projekt „Kundenorientierte Qualität” durch die Arbeit von Qualitätsteams und durch regelmäßige Qualitätsmessungen zu positiven Veränderungen bei. In Zusammenarbeit mit der Deutschen Bundespost POSTBANK wurde 1994 damit begonnen, sogenannte Blaue Schalter einzurichten. Für die Deutsche Bundespost POSTDIENST ergab sich damit eine Möglichkeit, das vorhandene Filialnetz besser zu nutzen.

1995 wurde die Optimierung des Filialnetzes fortgesetzt. Nicht ohne Proteste aus der Öffentlichkeit wurde das Filialnetz auf 17.000 Postfilialen reduziert, worunter sich 1.000 Postagenturen befanden. Die 1.000. Postagentur nahm am 20. Februar 1995 ihre Tätigkeit in einem Ortsteil von Groß-Gerau, in einem EDEKA-Markt, auf. Die Einrichtung von Open-service-Filialen (Ende 1995: 90 Filialen), wurde fortgesetzt, von den 28.000 Schaltern sind Ende 1995 17.000 mit EPOS-Terminals ausgestattet.

Postagentur Bimöhlen

Postagentur Bimöhlen, Juni 1993
Foto: Gert Sommerfeldt/Deutsche Bundespost POSTDIENST

Pro Tag werden ca. 3 Millionen Filialkunden bedient und nicht mehr (wie früher) „abgefertigt”. Am 5. Dezember 1995 präsentierte die Deutsche Post AG in Bonn der Öffentlichkeit ein automatisches Briefannahmesystem. Bis Mitte Januar 1996 wurden in verschiedenen Städten 13 weitere Geräte aufgestellt, die gewöhnliche und eingeschriebene Briefsendungen, ggf. auch mit Zusatzleistungen, für das In- und Ausland annehmen. Außerdem werden Briefmarken verkauft. Der etwa 1 Jahr dauernde, bisher leider nicht problemlos ablaufende Betriebsversuch wird zeigen, ob bzw. inwieweit das System künftig flächendeckend eingesetzt werden kann.

Mit der Spartenausrichtung wurden auch die Aufgaben der Geschäftskundenberater neu organisiert. Seit Oktober 1995 gibt es bei den Niederlassungen 74 Beratungszentren, von denen 46 für Briefpost und 28 für Frachtpost zuständig sind.

Alte Dienste, neue Geschäftsfelder

Zu den ältesten Diensten der Post gehört die Auszahlung von Renten, der traditionelle Postrentendienst, der derzeit auch neu strukturiert werden soll. Hierzu ein paar Zahlen aus der Zeit nach der Postreform I, die die Bedeutung dieser Dienstleistung widerspiegeln:

Der Postrentendienst leistete im Inland 1990 insgesamt 194 Millionen Zahlungen über 178,8 Milliarden DM. Ins Ausland wurden 9,1 Millionen Zahlungen über insgesamt ca. 4,4 Milliarden DM überwiesen. Neben den alljährlich notwendigen Tätigkeiten der Rentenrechnungsstellen und Rechenzentren entsprechend den Vorgaben des Rentenanpassungsgesetzes, musste der Rentendienst 1990 Vorbereitungen treffen. damit das Rentenzahlverfahren des VGW auf die neuen Bundesländer übertragen werden konnte. Dies wurde unter einem enormen Arbeitsaufwand im April 1991 erreicht. Innerhalb eines Vierteljahres wurden im VGO 4,4 Millionen Zahlfälle abgewickelt. Im VGW wurden (1991) 187,5 Millionen Zahlungen mit insgesamt rd. 183 Milliarden DM geleistet. In das Ausland wurden 4,8 Milliarden DM überwiesen. Der Postrentendienst leistete 1993 rd. 240 Millionen Zahlungen über 250 Milliarden DM im Inland und 11 Millionen Zahlungen über 5,5 Milliarden DM in über 140 ausländische Staaten. Obwohl der Postrentendienst ca. 130 Millionen DM an Umsatzerlösen einbrachte, wurde das Projekt „Neuausrichtung des Geschäftsfeldes Postrentendienst” gestartet. Ziel war der Einsatz moderner Technologien, die Reduzierung manueller Tätigkeiten und eine schnelle Reaktion auf die Wünsche der Rententräger.

Ein anderes, bisher bei der Post unbekanntes Geschäftsfeld entstand in den frühen 1990er-Jahren, die Ausführung von Dienstleistungen für Dritte. Zum verbesserten Kundenservice gehörte der Verkauf von Produkten und Dienstleistungen wie z.B. von Bundesbahn-Fahrkarten, in ca. 5.000 Filialen des Vertriebsnetzes. Die Deutsche Bundespost POSTDIENST gewann in der seit 1993 durchgeführten Hauspostbearbeitung bei großen Firmen ein weiteres erfolgversprechendes und neues Geschäftsfeld. Mitarbeiter der Post übernahmen die Ein- und Ausgangsbearbeitung der Post bei den Unternehmen. Doch damit nicht genug. Die Deutsche Post AG ist, wie Dr. Zumwinkel in einem Focus-lnterview 1995 ausführte, auf dem Weg zu einem umfassenden Logistikkonzern - mit Full-Service rund ums Transportieren - wie ein großes Speditionsunternehmen.

Schnelle und vielseitige Töchter

Die 1989 gesetzlich neu geschaffenen Gestaltungsmöglichkeiten wurden u.a. von der Deutschen Bundespost POSTDIENST zur Bildung von Tochterunternehmen genutzt, deren Gründung der Aufsichtsrat 1990 beschlossen hat: Neuaufbau eines Kurierdienstes unter der Bezeichnung „EMS Kurierpost GmbH” und für die Nutzung postalischer Immobilien die „ISP Immobilien Service POSTDIENST GmbH”.

Zustellfahrzeug EMS Kurierpost

Zustellfahrzeug der EMS Kurierpost GmbH
Foto: Deutsche Bundespost POSTDIENST

Von steigender Bedeutung für die Kunden waren die 1991 neu ins Leben gerufenen Kurierdienste, die von der POSTDIENST-Tochter „EMS Kurierpost GmbH” im nationalen Geschäft und von dem europäischen Gemeinschaftsunternehmen „GD Express Worldwide” im internationalen Geschäft flächendeckend angeboten wurden. Bereits im 1. Geschäftsjahr wurden national und international rund 1 bzw. 1,6 Millionen Kuriersendungen befördert. Auf dem deutschen Markt setzte sich die EMS Kurierpost GmbH mit ihren mehr als 920 festen Mitarbeitern und über 200 Fahrzeugen durch. Die privatwirtschaftlich organisierte und eigenständige Tochtergesellschaft der Deutschen Post AG unterhält seit 1995 ein zentrales Verteilzentrum bei Kassel und 12 Regionalniederlassungen mit angeschlossenen Kurierbasen und Stützpunkten. Das Unternehmen erwirtschafteie 1994 einen Umsatz von 117 Millionen DM und steigerte das Transportvolumen von 3,5 Millionen (1993) auf rund 5 Millionen Sendungen im Jahre 1994. Im internationalen Kurierdienst ist die Deutsche Post AG mit 15 Prozent an der GD Express Worldwide (Deutschland) beteiligt. Die 25 Niederlassungen in Deutschland sorgen für den Transport der Sendungen ins Ausland.

Aus Vorgesetzten werden Manager

Was unter „Vorgesetzten” zu verstehen war, ist dem Leser bekannt. Unter „Managern” versteht der Verfasser alle Personen, die mit der Leitung bzw. Überwachung der Geschäftsführung des Unternehmens betraut sind, den Vorstand und den Aufsichtsrat, nicht aber hier den Bundesminister für Post und Telekommunikation und das Ministerium, für dessen Entwicklung von 1989 bis zu seiner vermutlichen Auflösung (1997?) eine eigene posthistorische Darstellung erforderlich erscheint. Zu Beginn des Jahres 1990 wurde die Leitung des bis dahin vom Bundesminister für Post und Telekommunikation in Personalunion geführten Unternehmens Deutsche Bundespost POSTDIENST von einem aus 7 Personen bestehenden Vorstand übernommen. In regelmäßigen Sitzungen sowie in zahlreichen Gesprächen, beriet der Aufsichtsrat mit dem Vorstand die Geschäftspolitik.

Bei gleicher personeller Besetzung wie Ende 1989 wurden von den einzelnen Vorstandsbereichen 1990 folgende Aufgaben übernommen:

Vorstandsvorsitzender (VV) Zentrale Aufgaben, Finanzen
V 1 Briefdienste, Internationale Dienste
V 2 Fracht-/Schalterdienste und Vertrieb
V 3 Produktion
V 4 Datenverarbeitung, Immobilien, Einkauf und Verwaltung
V 5 Personal
V 6 Recht und Verkehrsgebiet Ost (VGO)

Zum Jahresende 1991 trat das Vorstandsmitglied Dipl.-Kfm. Franz Schöll in den Ruhestand. Seine Nachfolge trat Dr. Edgar Ernst an, dessen Berufung der Aufsichtsrat am 13. November 1991 zustimmte. Die Vorstandsbereiche wurden Ende 1991 teilweise neu gegliedert bzw. umbenannt und von folgenden Vorständen geleitet:

Vorstandsvorsitzender Dr. Klaus Zumwinkel
Vorstandsbereich Vorstandsmitglied
V 1 = MarketingBrief Dipl.-Volksw. Richard Wohlfart
V 2 = Fracht Dieter Seegers-Krückeberg
V 3 = Produktion Brief Dr. Günter W. Tumm
V 4 = Schalter, Beschaffung Dr. Hans-Dieter Petram
V 5 = Personal Wolfhard Bender
V 6 = Finanzen Dr. Edgar Ernst

Um einen Einblick in die Arbeit des Aufsichtsrates zu geben, sei kurz angeführt, welche Schwerpunktthemen z.B. 1991 in den Sitzungen behandelt wurden: der Jahresabschluss 1990, der Geschäftsverlauf 1991, die Wirtschaftsplanung 1992 für beide Verkehrsgebiete, strategische Programme wie das neue Frachtkonzept, die Neuordnung der Postverhältnisse in den neuen Bundesländern (VGO) und nicht zuletzt die Feststellung der Eröffnungsbilanz für das VGO zum 1. Juli 1990.

Neben seinen jährlich wiederkehrenden Tätigkeiten beschäftigte sich der Aufsichtsrat 1992 schwerpunktmäßig mit dem vom Vorstand vorgestellten strategischen Programm für den Briefdienst, mit dem Projekt „Brief 2000” und dem Konzept für eine Neuorganisation der Direktionen und der Leitungsebene für eine „Spartenorganisation”.

Besondere Schwerpunkte für die Arbeit des Aufsichtsrats im Jahre 1993 bildeten die Umsetzung des Frachtkonzepts und des Konzepts „Brief 2000”, die Einführung der neuen 5-stelligen Postleitzahlen, die Organisationsentwicklung sowie die Optimierung des Vertriebsnetzes.

Während 1992 und 1993 an der Spitze des Aufsichtsrates und im Vorstand keine Veränderungen eintraten, schied am 19. August 1994 Dr. Walter Trux als Vorsitzender und Mitglied des Aufsichtsrates aus. An seine Stelle als Vorsitzender trat der frühere Postminister Dr. Werner Dollinger.

Auch im Vorstand ergab sich eine Änderung, als Richard Wohlfart, der zum Jahresende 1994 ausschied, von Dr. Helmut Benno Staab abgelöst wurde. Dr. Staab hatte bereits am 1. Februar 1994 den Vorstandsbereich 1 (Marketing, Briefpost, Postphilatelie und Internationale Post) übernommen.

Im März 1995 wurde Dr. Helmut Sihler, Mitglied des Gesellschafterausschusses der Henkel AG, Aufsichtsratsvorsitzender der Deutschen Post AG. Der Aufsichtsrat der Deutschen Post AG besteht seit der Postreform II aus 20 Mitgliedern. Die eine Hälfte stellt die Bundesrepublik als Anteilseigner, die andere Hälfte wird von den Arbeitnehmern gestellt.

Der Aufsichtsrat beschloss Ende 1995, den Vorstand ab 1. Januar 1996 für weitere 5 Jahre zu bestellen. Dr. Klaus Zumwinkel wurde als Vorstandsvorsitzender bestätigt. Im Vorstand blieben in ihren Bereichen auch Dr. Helmut Benno Staab (V 1), Dieter Seegers-Krückeberg (V 2), Dr. Günter W. Tumm (V 3), Dr. Hans-Dieter Petram (V 4) und Dr. Edgar Ernst (V 6). Hinzu kam Horst Kissel neu in den Vorstand. Horst Kissel trägt ab 1. Januar 1996 für den Bereich Personal (V 5) als Arbeitsdirektor die Vorstandsverantwortung. Wolfhard Bender, bisher zuständig für den Vorstandsbereich Personal und Recht, betreut ab 1. Januar 1996 den neu eingerichteten Bereich V 7 Neue Geschäftsfelder, Einkauf und Recht. Ergänzt durch die Postphilatelie und den Geschäftsbereich Unternehmensverbindungen wird der neue Vorstandsbereich ein wesentlicher Impulsgeber für die Deutsche Post AG sein.

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter

Ende 1990 betrug die Zahl der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei der Deutschen Bundespost POSTDIENST im VGW 313.177 nach der Kopfzahl. Umgerechnet auf Vollzeitkräfte waren das 255.774 Arbeitskräfte und mehr als 14.000 Nachwuchskräfte. Insgesamt waren nach der Eingliederung der Deutschen Post der DDR in die Deutsche Bundespost POSTDIENST rund 400.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt. Die Eingliederung der bei der Deutschen Bundespost Beschäftigten in die 3 Unternehmen POSTDIENST, TELEKOM und POSTBANK wurde nach Möglichkeit entsprechend den Wünschen der Beschäftigten vollzogen. Das Management wurde durch Einstellungen aus der Privatwirtschaft ergänzt.

Vom 1. Januar 1991 an konnten im VGW erstmals für kundenbewusstes und kostenorientiertes Engagement, anfangs schwerpunktmäßig auf der Amtsebene, Leistungszulagen nach der neuen Postleistungszulagenverordnung gezahlt werden. Ab 1993 wurden Leistungszulagen auch an Beschäftigte in den neuen Bundesländern gezahlt. Die erhöhte Attraktivität des Schalterdienstes und die Motivation der dort beschäftigten Kräfte förderte eine spezielle Schalterzulage.

Mit der Neustrukturierung der Deutschen Bundespost galt es, die gesetzlichen und betrieblichen Sozialaufgaben möglichst einheitlich auf die 3 neuen Unternehmen zu übertragen. Der Deutschen Bundespost POSTDIENST fiel bei der Umsetzung von Vorgaben und der Betreuung der Beschäftigten aller Unternehmen eine Federführung zu, so z.B. für die Bereiche Bundespost-Betriebskrankenkasse, Postbeamtenkrankenkasse und Postkleiderkasse. Es gelang, die Sozialaufgaben für die Deutsche Bundespost POSTDIENST nahtlos fortzuführen.

Ende 1991 waren im VGW 317.135 und im VGO 79.017 Beschäftigte (nach Kopfzahl) einschließlich der Nachwuchskräfte tätig. Davon waren 48 Prozent Frauen (im VGO allein 77 Prozent) und 52 Prozent Männer. Im VGO musste der Personalbedarf den Kriterien für das VGW angepasst werden. Da auch ein Know-how-Transfer im personellen Bereich notwendig war, wurde 1991 mit einem Personalaustauschprogramm zwischen beiden Verkehrsgebieten begonnen. Ferner musste das Arbeits- und Tarifrecht mit der Übernahme des Lohn- und Vergütungssystems zum 1. Juli 1991 auf das VGO übertragen werden. Dies galt auch für die l99l begonnenen Übernahmen von Aufgaben und Einrichtungen des POSTDIENST-Sozialwesens. 1991 fanden auch die ersten gesamtdeutschen Personalrats- und Vertretungswahlen statt.

Am Jahresende 1992 waren im Gesamtbereich der Deutschen Bundespost POSTDIENST, nach der Kopfzahl gerechnet, 378.054 Kräfte beschäftigt. Gegenüber dem Vorjahr verringerte sich die Beschäftigungszahl um 4,6 Prozent u.a. infolge des Stellenabbaues in den neuen Bundesländern, wo ganze Geschäftsfelder der früheren Deutschen Post der DDR (z.B. im Postzeitungsdienst) wegfielen. In den neuen Bundesländern sank die Beschäftigtenzahl um 16.271 auf 61.996 (Ende 1992). Hierbei ist der Anteil der Frauen mit 76,5 Prozent gegenüber 48 Prozent im Bundesdurchschnitt besonders hoch. Für die Angestellten und Arbeiter in den neuen Bundesländern machte die stufenweise Anpassung der Vergütungen und Löhne an das West-Niveau weitere Fortschritte, wie auch die Überleitung der Aufgaben des Sozialwesens auf das VGO 1992 erfolgreich fortgesetzt werden konnte.

1993 waren bei der Deutschen Bundespost POSTDIENST 362.716 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (zum Jahresende und nach der Kopfzahl gerechnet) beschäftigt. Damit ging der Personalbestand gegenüber dem Vorjahr um 4,1 Prozent zurück. Der Personalabbau, rund 15.000 Kräfte weniger gegenüber dem Vorjahr, konnte über die Reduzierung von Einstellungen und über die Fluktuation realisiert werden. In den neuen Bundesländern waren 1993 57.290 Beschäftigte tätig, was eine Senkung gegenüber 1992 um 7,7 Prozent ausmachte. Mit einem Anteil von 48 Prozent der Beschäftigten (= 174.000 Personen) war die Deutsche Bundespost POSTDIENST der größte Arbeitgeber für Frauen in Deutschland.

In der Fortbildung wurden modernste didaktische Methoden eingesetzt, z.B. das „computerunterstützte Lernen im POSTDIENST” (CLIP), eine der weltweit größten Multimedia-Anwendungen. Auch in der Ausbildung beschritt die Deutsche Bundespost POSTDIENST 1993 neue Wege und bereitete eine 2-3-jährige „Stufenausbildung” für den bisherigen einfachen bzw. mittleren Postdienst vor, wobei Aufstiegsmöglichkeiten von qualifizierten Kräften angestrebt werden können. Das Personalaustauschprogramm zwischen Postlern in den alten und neuen Bundesländern wurde 1993 zur Erreichung eines gleich hohen Leistungsstandes verstärkt fortgeführt.

1994 hatte die Deutsche Bundespost POSTDIENST im Jahresdurchschnitt 342.413 Mitarbeiter (nach der Kopfzahl), darunter 159.600 Beamte, 35.390 Angestellte und 147.423 Arbeiter. Seit Ende der Übernahme der Deutschen Post der ehemaligen DDR (1990) wurden bis Ende 1994 insgesamt 46.000 Stellen (= 14 Prozent des Gesamt-Personalbestandes) abgebaut, was grundsätzlich ohne betriebsbedingte Kündigungen sozialverträglich gestaltet werden konnte.

1995 war kein leichtes Jahr für die noch rund 340.000 Beschäftigten der nunmehr „privaten” Deutschen Post AG. Viel Ungewohntes kam auf sie zu. Und in manchen Fällen mussten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einschneidende Maßnahmen des Unternehmens verkraften. Dies galt auch für die Personalvertretungen, für die seit 1995 das Betriebsverfassungsrecht statt des bisherigen Personalvertretungsrechts galt (vgl. den Aufsatz von Hans Thesen „Das Beste daraus machen” in Heft 2/1995 der „Post- und Telekommunikationsgeschichte”). [Hinweis der Redaktion: Den Aufsatz finden Sie auch hier.]

Ein Beispiel für die Auswirkungen des organisatorischen Wandels auf die Beschäftigten vor Ort, sind z.B. die Briefzusteller. Seit Anfang 1995 wurden die Zustellbezirke neu bemessen und viele Zusteller mit Fahrrädern ausgerüstet. Damit soll die Arbeit gleichmäßiger als bisher verteilt werden. Testweise wurde es Zustellern seit 1992 überlassen. z.B. in einer Gruppe zu arbeiten, sich die Arbeit selbst zuzuteilen und neben erweiterter Mitsprache bei Urlaubsvertretungen ggf. auch mehr verdienen zu können. Ob das alles auch noch „kundenfreundlich” abgewickelt werden kann, wird das für 100 Niederlassungen vorgesehene Pilotprojekt (rund 8.000 Zusteller) zeigen. Bisher sind jedenfalls die Meinungen der Zusteller und besonders die der betroffenen Kunden zu dem Versuch sehr unterschiedlich.

Seit Herbst 1995 bietet die Deutsche Post AG einen neuen anerkannten Ausbildungsberuf „Fachkraft für Brief- und Frachtverkehr” mit einem kaufmännischen Abschluss nach 2 Jahren an. Schwerpunkt der Ausbildung ist die Zustellung von Brief- und Frachtsendungen und die Bearbeitung von Sendungen in Logistikzentren. Nach erfolgreich bestandener Prüfung besteht für besonders qualifizierte Kräfte die Autstiegschance in eine 1-jährige 2. Stufe. Deren Ausbildungsinhalte sind vor allem Tätigkeiten im Schalterbereich sowie Personal- und Organisationsaufgaben. Die Berufsbezeichnung lautet nach erfolgreichem Abschluss Postverkehrskauffrau bzw. -kaufmann. Die Ausbildung ist in beiden Stufen nicht postspezifisch, sondern für die Beschäftigung bei allen ähnlichen Branchenberufen geeignet. Zu hoffen ist, dass alle Veränderungen, Neustrukturierungen usw. dem Personal so logisch und einleuchtend vorkommen, dass es voller innerer Bereitschaft und mit vollem Engagement die Maßnahmen seiner „Firma” aus Überzeugung mittragen kann.

Aus roten werden schwarze Zahlen

Für das Geschäftsjahr 1990 legte das Unternehmen Deutsche Bundespost POSTDIENST erstmals eine eigene Bilanz vor. Der Jahresabschluss 1990 bezog sich allerdings nur auf die Aktivitäten des POSTDIENSTES im VGW. Das Ergebnis für das VGO war wegen der Zusammenfassung mit der Deutschen Bundespost TELEKOM nur im Gesamtabschluss der Deutschen Bundespost enthalten. Denn für die Deutsche Post der ehemaligen DDR wurde zum 1. Juli 1990 eine gemeinsame DM-Eröffnungsbilanz für POSTDIENST und für TELEKOM erstellt. Die bilanzielle Trennung beider Bereiche fand erst zum 1. Januar 1991 statt. Die Bilanzsumme des POSTDIENSTES zum Jahresende 1990 betrug 16,2 Milliarden DM. Das Eigenkapital lag bei 55 Prozent. Nach Berücksichtigung der Aufwendungen und der Ablieferung an den Bund gemäß § 63 Postverfassungsgesetz wurde Ende 1990 ein Verlust von 1,494 Milliarden DM ausgewiesen. Gemäß Postverfassungsgesetz wurde das Defizit im Rahmen des Finanzausgleichs durch die Deutsche Bundespost TELEKOM ausgeglichen.

Für das Jahr 1991 wurde mit dem Geschäftsbericht die erste gemeinsame Bilanz und eine gemeinsame Gewinn- und Verlustrechnung nach der Vereinigung der Deutschen Bundespost POSTDIENST mit der Deutschen Post der ehemaligen DDR vorgelegt. Der Gesamtumsatz 1991 betrug 24,5 Milliarden DM, wovon 65 Prozent auf den Briefdienst entfielen. Nach der Ablieferung an den Bund (fast 2 Milliarden DM) musste insgesamt ein Fehlbetrag von 2,2 Milliarden DM ausgewiesen werden, wobei sich die hochdefizitäre Situation im VGO besonders negativ auf die gemeinsame Gewinn- und Verlustrechnung auswirkte. 2 Milliarden DM wurden auf dem Wege des Finanzausgleichs durch die Deutsche Bundespost TELEKOM erstattet.

Insgesamt wurde 1992 ein Gesamtumsatz in Höhe von rund 25,6 Milliarden DM erzielt, was eine Steigerung gegenüber dem Vorjahr um fast 5 Prozent bedeutet. Die Briefpost machte davon 14,040 Milliarden DM Gesamtumsatz = 55 Prozent. Die Infopost erreichte 11 Prozent, die Frachtpost 16,4 Prozent, die Pressepost 4 Prozent des Gesamtumsatzes. Nach Ablieferung an den Bund (2,1 Milliarden DM) betrug das Defizit 2,6 Milliarden DM. Da die Deutsche Bundespost TELEKOM davon wegen der angespannten eigenen Finanzlage 1992 nur 1,3 Milliarden DM ausgleichen konnte, blieb ein Fehlbetrag von 1,3 Milliarden DM, was bei einer Bilanzsumme von 22,1 Milliarden DM eine Senkung der Eigenkapitalquote auf 38 Prozent zur Folge hatte.

1993 konnte die Deutsche Bundespost POSTDIENST ihren Gesamtumsatz gegenüber dem Vorjahr um 6,5 Prozent auf 27,8 Milliarden DM steigern. Nach Geschäftsfeldern aufgeteilt machte z.B. die Briefpost 13,7 Milliarden DM Umsatz = 49 Prozent, die Infopost 11 Prozent, die Frachtpost 16 Prozent, die Pressepost 4 Prozent. Der prozentuale Umsatzrückgang bei der Briefpost, 55 Prozent im Vorjahr, erklärt sich aus der Separierung des Geschäftsfeldes Internationale Post, auf das 1993 rund 7 Prozent Umsatz entfiel. Nach Abzug der Ablieferung an den Bund in Höhe von 2,3 Milliarden DM musste die Deutsche Bundespost POSTDIENST für 1993 ein Defizit von 2,5 Milliarden DM ausweisen, das wiederum von der Deutschen Bundespost TELEKOM nur zum Teil ausgeglichen wurde. Es verblieb ein Jahresfehlbetrag von 1,741 Milliarden DM. Bei einer Bilanzsumme von 20,5 Milliarden DM sank die Eigenkapitalquote auf 33 Prozent. 1994 stieg der Gesamtumsatz auf 28,4 Milliarden DM. Daran waren die Briefpost mit 57 Prozent = 14,03 Milliarden DM, die neue Sparte Internationale Post mit 8 Prozent = 2,02 Milliarden DM, die Infopost mit 13 Prozent = 3,2 Milliarden DM und die Frachtpost mit 16 Prozent = 3,89 Milliarden DM beteiligt.

1994 konnte ein wichtiges Ziel erreicht werden: Erstmals wurde für Gesamtdeutschland trotz weiterhin bestehender Strukturdefizite in den neuen Bundesländern ein positives Ergebnis aus gewöhnlicher Geschäftstätigkeit erwirtschaftet. Mit 257 Millionen DM wurde im Vergleich zu 1993 eine Steigerung um 429,5 Millionen DM erreicht. Nach Abzug der außerordentlichen Aufwendungen von 0,9 Milliarden DM und der letztmals zu leistenden Ablieferung an den Bund und sonstiger Steuern von insgesamt 2,3 Milliarden DM betrug der Jahresfehlbetrag 2,9 Milliarden DM. Der Bilanzverlust wird aufgrund der Gesamtregelungen zur Postreform II weitgehend ausgeglichen. Die Eröffnungsbilanz für die Deutsche Post AG zum 1. Januar 1995 wies bei einer Bilanzsumme von ca. 20,5 Milliarden DM (ohne Berücksichtigung bestimmter Pensions- und Versorgungsverpflichtungen) eine Eigenkapitalquote von 30 Prozent aus.

Die Anfang 1996 wirksam gewordene neue Spartenteilung hatte ihre Auswirkungen auf das Finanzwesen, z.B. auf die Buchhaltung. Durch das neue Konzept „Rechnungswesen” wurde die Arbeit der bisherigen 248 Bearbeitungsstellen bei den Niederlassungen (frühere Hauptkassen) auf 7 Regionale Buchhaltungszentren übergeleitet.

Ausblick in die Zukunft

Zum Zeitpunkt der Drucklegung dieser Zeilen ist es noch zu früh, um über einen dauerhaften geschäftlichen Erfolg der Deutschen Post AG nach Inkrafttreten der Postreform II etwas auszusagen. Deswegen soll noch einmal der Blick auf das Jahresende 1994 zurückgewandt werden, auf den Zeitpunkt, an dem die Deutsche Bundespost POSTDIENST in das privatisierte Unternehmen Deutsche Post AG überging. 1994 gab es für die Deutsche Bundespost POSTDIENST ein positives Betriebsergebnis.

Bei den „Post-Tagen”, die vom 12.-14. Juni 1995 in Bonn stattfanden, verkündete der Vorstandsvorsitzende Dr. Klaus Zumwinkel vor 1.500 Geschäftskunden und Journalisten das oben erwähnte Ergebnis aus gewöhnlicher Geschäftstätigkeit und führte weiterhin aus, dass der Umsatz der gelben Post 1994 gegenüber dem Vorjahr um 2,9 Prozent auf 28,6 Milliarden DM gestiegen ist. Davon entfielen 20,6 Milliarden DM (+ 4,1 Prozent) auf die Briefpost und 3,9 Milliarden DM (+ 5,4 Prozent) auf die Frachtpost. Für 1995 erwartet Zumwinkel eine Umsatzsteigerung um 2,5 Prozent und eine weitere Verbesserung des Ergebnisses. Mit einer Eigenkapitalquote von 30 Prozent (6,2 Milliarden DM) wäre die Deutsche Post AG für die Zukunft gut gerüstet. Die Ära „POSTDIENST” ist - finanziell gesehen - damit erfolgreich abgeschlossen. Das Ziel, bis Mitte der 1990er-Jahre erstmals schwarze Zahlen zu schreiben, ist erreicht. Das neue Unternehmen Deutsche Post AG kann mit einer soliden wirtschaftlichen Basis und berechtigtem Optimismus in die Zukunft blicken und voraussichtlich 1998 an die Börse gehen.

Geschäftlicher Erfolg ist aber nicht alles. Wichtig sind auch zufriedene Kunden, die dem neuen Slogan „Wir sind die neue Post, die bessere Post” freudig zustimmen. Wichtig sind auch engagierte, zufriedene Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die sich innerlich zum Unternehmen bekennen. Dürfen wir hoffen?

Wichtiges steht der neuen Post in den nächsten Jahren bevor: Eine einvernehmliche Regelung der finanziellen und sonstigen Beziehungen zum Schwesterunternehmen Deutsche Postbank AG, das Ende des Postministeriums, der Ausbau neuer Geschäftsfelder, ein Neubau für die Generaldirektion und die „Töchter” in Bonn, vor allem aber ein vermutlich gnadenloser Wettbewerb auf nationaler und internationaler Ebene.

Wir wünschen ihr alles Gute.

Quellen und Literatur

Besonderer Dank für freundliche Unterstützung gilt den Herren Sommerfeldt und Neubach, Generaldirektion der Deutschen Post AG in Bonn, und der Redaktion des Mitarbeitermagazins „Die Post”.